EWR 3 (2004), Nr. 1 (Januar/Februar 2004)

Uwe Lauterbach
Vergleichende Berufsbildungsforschung
Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2003
(427 Seiten; ISBN 3-7890-8288-0; 65,00 EUR)
Die Aktualität der Thematik "Vergleichende Berufsbildungsforschung" (VBBF) zeigt sich neuerdings durch die Internationalisierung in ihrer gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Dimension. Hieraus ergibt sich ein erheblicher Bedarf an vergleichenden Untersuchungen im Bereich der beruflichen Bildung und deren Rahmenbedingungen. Dennoch hat die VBBF bisher nicht die Bedeutung wieder erlangt, die sie noch bis in den 1960er Jahren in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik hatte.

Vor diesem Hintergrund ist es die übergeordnete Zielsetzung der Arbeit eine Bilanzierung und Standortbestimmung der VBBF vorzunehmen. Insbesondere wird im Rahmen eines historischen Diskurses die These von den eigenständigen Wurzeln der VBBF geprüft. Dabei bildet für Lauterbach die Comparative Education/Vergleichende Erziehungswissenschaft (CE/VE) den argumentativen Rahmen.

Die Arbeit lässt sich analytisch in 2 Teile gliedern, wobei der erste Teil (Kapitel 1 – 6) als Folie dient, auf der der zweite Teil der Arbeit (Kapitel 7 – 9) aufbaut.

In Kapitel 1 erfolgt zunächst eine Begründung für den momentanen Bedarf an VBBF, um im Anschluss daran deren Entwicklung und die Nähe zur VE/CE zu erörtern. Den Abschluss bildet das Kapitel 1.6, indem das zugrunde liegende, vorläufige Untersuchungsdesign entwickelt wird.

Kapitel 2 – 5 fokussiert auf Beiträge aus der CE/VE. In Kapitel 2 wird deren Entwicklung analysiert, was in Anlehnung an Hilker in ein Phasenschema mündet, das von den Kategorien Forschungsinteressen, Theorien, Paradigmen und Methodologien geleitet ist. Kapitel 3 geht der zentralen Frage nach, "ob sich die vergleichende pädagogische Forschung durch ihr Erkenntnisinteresse und ihre Forschungsgegenstände oder durch ihre vergleichende Methode konstituierte und heute als eigenständige Disziplin rechtfertigt" (S. 83). In dem Zusammenhang wird darlegt, was einen Vergleich in der CE/VE ausmacht, welches Erkenntnisinteresse und welche Theorien den expliziten Vergleich bestimmen. Da gemäß Lauterbach die Erkenntnisinteressen und Untersuchungsgegenstände die kennzeichnenden Merkmale für die vergleichende Erziehungswissenschaften sind (S. 137), erfolgt in Kapitel 4 ein Zugriff auf die Felder und Typen vergleichender Studien. Ergänzend hierzu wird eine Analyse von Vergleichenden Forschungsstudien vorgenommen, die nach Schwerpunkten typisiert werden. Diese zeigen an, dass die Theoriekonzepte und die methodischen Realisierungen von zentraler Bedeutung für die Relevanz der Forschungsergebnisse sind (S. 168). Kapitel 5 nimmt eine Aufarbeitung relevanter methodischer bzw. methodologischer Aspekte vor.

Der erste Teil der Arbeit endet mit Kapitel 6 in einer Modifizierung des in Kapitel 1.6 entwickelten Untersuchungsdesigns, indem die Ergebnisse aus den vorherigen Kapiteln zusammenfassend ausgewertet werden. Um Redundanzen zu vermeiden, wird in den jeweiligen Unterkapiteln auf vorherige Kapitel verwiesen, so dass einige Unterkapitel des sechsten Kapitels zuweilen relativ kurz geraten. Als thematische Schwerpunkte werden analog zur Analyse der vergleichenden Erziehungswissenschaften die historische Entwicklung der Epochenbildung, Erkenntnisinteresse und Vergleichstheorien, Felder und Typen der Forschungsstudien sowie Methodologie des Vergleichs gewählt. Den Abschluss bildet das Unterkapitel "VBBF als Rezeption der CE/VE?", das inhaltlich bereits zu Kapitel 7 überleitet.

Der zweite Teil der Arbeit (Kapitel 7 - 9) nimmt die erarbeiteten Erkenntnisse auf, indem auf Basis des modifizierten Untersuchungsdesigns in Kapitel 7 die Auswertung zum Forschungsinteresse einschlägiger deutscher Studien zur VBBF erfolgt. Dieses Kapitel bildet zugleich den Kern der Untersuchung. Hier wird dem Fragekomplex nachgegangen, ob sich die VBBF separiert oder parallel zur VE/CE entwickelt hat oder ob die Vertreter der VBBF sogar in die CE/VE eingebunden waren. Wie Lauterbach ausführt, hat und wird sich auch in naher Zukunft keine eigenständige VBBF bilden, die sich gegenüber der sozialwissenschaftlich orientierten CE/VE abgrenzen könnte (S. 215 ff.). Das Besondere an der VBBF sieht Lauterbach in der Konzentration auf das Untersuchungsfeld "berufliche Bildung" und nicht so sehr in den Paradigmen, Methodologien etc. In Kapitel 8 werden diese Ergebnisse nach theorieorientierten Kriterien kategorisiert, um daraus Aussagen zu möglichen Entwicklungsphasen analog der CE / VE zu gewinnen. Dieses Unterfangen scheitert jedoch, wie Lauterbach anmerkt, am Fehlen eines unstrittigen Kerns u. a. im theoretisch-methodologischen Bereichs, von dem die VBBF noch weiter entfernt ist als die CE / VE. Die Arbeit endet mit Kapitel 9 in einer kurzen, prägnanten Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse. Darüber hinaus werden Perspektiven und der vorhandene Forschungsbedarf benannt. Lauterbach schlägt als Fazit vor, dass die VBBF (wieder) den Bezug zur sozialwissenschaftlichen Forschung in der CE / VE suchen sollte, um durch diese Verbindung eine dauerhafte Basis zu erhalten.

Bemerkenswert für eine Dissertation ist, dass ein Register über Personen und Institutionen, ein Sachregister sowie - "für den eiligen Leser" - eine Zusammenfassung sowohl in deutsch als auch in englisch bereitstellt wird. Zudem endet die Mehrzahl der Kapitel mit einem Zwischenfazit, in dem die Ergebnisse im Hinblick auf deren Ertrag für die VBBF gespiegelt werden. Dies erleichtert es, sich in einem ersten Zugriff mit einzelnen Themenaspekten der Arbeit auseinander zu setzen, wie es Lauterbach dem Leser selbst zum Angebot macht (S. 18). Dass Abbildungen bzw. Übersichten nur vereinzelt eingearbeitet worden sind, stört wenig. Da es sich um eine Dissertation handelt, ist die Arbeit nicht unbedingt für Studienanfänger geeignet, sondern eher eine empfehlenswerte Lektüre für interessierte Fortgeschrittene bzw. Experten der VBBF. Diese werden das selbst für eine Dissertation bemerkenswert umfangreiche Literaturverzeichnis positiv zur Kenntnis nehmen.
Dietmar Tredop (Oldenburg)
Zur Zitierweise der Rezension:
Dietmar Tredop: Rezension von: Lauterbach, Uwe: Vergleichende Berufsbildungsforschung, Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2003. In: EWR 3 (2004), Nr. 1 (Veröffentlicht am 05.02.2004), URL: http://www.klinkhardt.de/ewr/78908288.html