EWR 12 (2013), Nr. 6 (November/Dezember)

Herbert Loebe / Eckart Severing (Hrsg.)
Qualifizierungsberatung in KMU
Förderung systematischer Personalentwicklung
Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag 2012
(294 S.; ISBN 978-3-7639-3609-0; 24,90 EUR)
Qualifizierungsberatung in KMU Dieser Sammelband thematisiert Weiterbildung und Beratung in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) vor dem Hintergrund des Projekts „MarQa – Strukturen und Strategien für eine marktfähige Qualifizierungsberatung“. Die Beträge der Autorinnen und Autoren aus Forschung und Praxis sind gruppiert zu den Themen Lage, Struktur, Qualität und Professionalisierung und Ausblick.

Ausgangspunkte sind damit die Weiterbildungssituation in KMU und der Stand der Qualifizierungsberatung. Diese zwei Zugänge werden bereits in den beiden ersten Beiträgen aufgegriffen: Nicht unbekannt sind die Thesen zum Weiterbildungsverhalten in KMU, das sich qualitativ und quantitativ von dem in Großunternehmen unterscheidet (17f). Die geringe Unternehmensgröße sei verbunden mit weniger formalisierter Weiterbildung, weniger explizit deklarierter Weiterbildungsförderung und mit einem weniger differenzierten Fokus auf bestimmte Bedürfnisgruppen, wie zum Beispiel ältere Mitarbeitende. Der zweite Zugang über Beratung wird im Sinne einer Anbieteranalyse thematisiert (37f) und in weiteren Beiträgen vor allem als unternehmerische Strategie insbesondere für KMU, aber auch unter dem Aspekt der individuellen Laufbahnberatung konkretisiert.

Als Quintessenz der Ausgangslage kann festgehalten werden: KMU haben wenig Ressourcen für Personalentwicklung, und es besteht eine schwierige Praxislage für Qualifizierungsberatung aufgrund der Heterogenität der Zugänge. Der Sammelband liefert bezogen auf Weiterbildung und Qualifizierungsberatung in KMU interessante und aktuelle Daten, die von Betrieben und Beratenden gewonnen wurden – allerdings ergeben sich daraus verhältnismäßig wenige wirklich neue Erkenntnisse oder Interpretationen der Ausgangslage.

Die Beiträge zum Thema Struktur bilden die eingangs konstatierte Heterogenität der Zugänge eher ab als sie zu systematisieren (z.B. 77f). Insgesamt soll eine systematische Personalentwicklung in KMU stimuliert werden. Vereinbarungen und Verträge können zu dieser Strukturierung ebenso beitragen (85f) wie die Erweiterung von Ausbildungsberatung (115f). Wobei die vorgestellten Instrumente (121f) nicht nur in punkto Innovation, sondern teilweise auch hinter dem Stand der Professionalisierung von Beratung zurückbleiben.

Bemerkenswert ist das Kapitel „Qualifizierungsberatung durch Strukturbildung und Qualitätsentwicklung stärken“ (Düsseldroff/Wohlfahrt 127f), denn hier erfolgt die erste Auslegeordnung von Qualifizierungsberatung in diesem Sammelband. Es wird eine Differenzierung nach Region, Anbieter(gruppierung) und Unternehmensberatung /Weiterbildungsberatung sowie Professionalisierung und Beratungspersonal vorgenommen (136f). Sinnbildlich stehen diese Ausführungen als Einleitung für den gesamten Sammelband, der zum Ziel hat, Qualifizierungsberatung systematisch für KMU zugänglich zu machen. Eine Systematisierung der Qualifizierungsberatung, wie in diesem Kapitel geschehen, scheint eine notwendige Voraussetzung, um diesen Zugang über einen Einzelfallkontext hinaus sicherstellen zu können.

Ein zweiter systematisierender Beitrag schließt direkt an und setzt sich mit der Professionalisierung betrieblicher Qualifizierungsberatung auseinander (Fischell 145f). Dies wäre ebenfalls ein voraussetzender Artikel, um allen anderen Beiträgen zu ermöglichen, dass sie nicht nur eine Realität abbilden, sondern diese auch einordnen und miteinander ins Verhältnis setzen könnten. Die aufgeführten Instrumente gehören zu dieser Auslageordnung und stehen bereits seit 2007/2008 zur Verfügung (149f). Dieser Zugang bietet eine Alternative und argumentiert konzeptionell mit der Professionalisierung der Qualifizierungsberatung statt über die Anbieterlandschaft oder über Empirie.

Ein dritter Beitrag zur Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung bietet ebenfalls einen systematischeren Zugang zur Qualifizierungsberatung (Schröder 163f) und positioniert die Qualifizierungsberatung zunächst mit dem Ziel, dass Weiterbildung, Qualifizierung und Personalentwicklung im betrieblichen Interesse gestaltet werden. Daran anknüpfend kann ein Qualitätskonzept erstellt werden, dass in Elementen erläutert und mit Beispielen verdeutlicht wird.

Die weiteren Beiträge im Bereich Qualität und Professionalisierung drehen sich um Tools und Beispiele, die wichtige Themen wie Transparenz von Beratungsleistungen (184f) und Innovation thematisieren, aber diese Themen nicht in die Systematik, wie sie in den drei genannten Artikeln aufgebaut wurde, für den Leser einzuordnen vermögen.

Der Ausblick erfolgt über drei Perspektiven: 1. Mit gesellschaftlichem Bezug eröffnet Qualifizierungsberatung einen Umgang mit der betrieblichen Lernkultur, dem demografischen Wandel sowie Material- und Energieeffizienz (246f). 2. Die Marktfähigkeit besonders bezogen auf die Anbieter wird thematisiert, hier geht es vor allem um den zukünftigen Umgang mit Akzeptanzproblemen. 3. Die Forschungsperspektive zielt auf Systematisierung, Vergleichbarkeit und Emanzipation von bildungspolitischer Steuerung.

Insgesamt widmet sich der Sammelband mit der Qualifizierungsberatung einem wichtigen Thema der betrieblichen Weiterbildung und deren Planung. Allerdings bleibt der Anschein, dass – bis auf einige Ausnahmen – diese Qualifizierungsberatung mehrheitlich als Dienstleistung positioniert und wenig zur Systematisierung und Professionalisierung dieser Beratungsform beigetragen wird. Das Verhältnis von Weiterbildungsberatung, Laufbahnberatung und Qualifizierungsberatung scheint nur in einigen wenigen Beiträgen geklärt. Auch die Positionierung eines betrieblichen und eines individuellen Zugangs zu Qualifizierungsberatung ist noch nicht ausreichend geschehen. Zu fragen wäre nach den defizitären Eindrücken aus der KMU-Weiterbildung, ob die geringe Strukturiertheit auch Chancen bietet. Allerdings sind diese sicherlich weniger interessant aus einer Anbieterperspektive, welche eine Dienstleistung auf einem Markt positioniert.

Der Rückschluss eines Beitrags – „Positiv formuliert befindet sich die betriebliche Qualifizierungsberatung noch in einem Entwicklungsstadium zu einem anerkannten und etablierten pädagogischen Dienstleistungsangebot mit Marktreife“ (Fischell 157) – ist gleichsam Fazit für den gesamten Sammelband.
Markus Weil (Solothurn)
Zur Zitierweise der Rezension:
Markus Weil: Rezension von: Loebe, Herbert / Severing, Eckart (Hg.): Qualifizierungsberatung in KMU, Förderung systematischer Personalentwicklung. Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag 2012. In: EWR 12 (2013), Nr. 6 (Veröffentlicht am 03.12.2013), URL: http://www.klinkhardt.de/ewr/978376393609.html