EWR 10 (2011), Nr. 3 (Mai/Juni)

JĂŒrgen Abel / Gabriele Faust (Hrsg.)
Wirkt Lehrerbildung?
Antworten aus der empirischen Forschung
MĂŒnster u.a.: Waxmann 2010
(352 S.; ISBN 978-3-8309-2318-3; 29,90 EUR)
Wirkt Lehrerbildung? Die empirische Lehrerbildungsforschung im deutschsprachigen Raum hat derzeit – erfreulicherweise – Konjunktur. Zwar erscheint die Zahl der lĂ€ngsschnittlich und standort- bzw. lĂ€nderĂŒbergreifend konzipierten Studien noch ĂŒberschaubar; dem gegenĂŒber steht aber mittlerweile eine wahre FĂŒlle universitĂ€ts- und studiengangspezifischer Evaluationsstudien und Befragungen von Lehramtsstudierenden, die hĂ€ufig im Zuge einer Neustrukturierung und Kompetenzorientierung der universitĂ€ren Lehrerbildung sowie einer stĂ€rkeren Verzahnung mit der zweiten Phase der Lehrerausbildung initiiert wurden.

Wer sich vordergrĂŒndig als Akteur in der universitĂ€ren Lehrerbildung fĂŒr die Ergebnisse der „großen“, aber auch der „kleinen“ Lehrerbildungsstudien interessiert, wird durch den Titel des hier zu rezensierenden Bandes besonders angesprochen – steht doch die Gretchenfrage nach der Wirksamkeit von Lehrerbildung im Zentrum. Um es gleich vorwegzunehmen: Viele der in dem Band gegebenen Antworten erscheinen nicht nur aus der Forscher-, sondern auch aus der Akteursperspektive anregend und weiterfĂŒhrend fĂŒr die eigene hochschuldidaktische Arbeit und deren Evaluation. Gleichzeitig gibt es unter den 30 kurzen BeitrĂ€gen auch solche, die die eigentliche Kernfrage im Titel leider nur am Rande oder gar nicht thematisieren und hier deshalb auch nicht weiter aufgegriffen werden.

Der Band bezieht sich auf die gleichnamige Tagung an der UniversitĂ€t Bamberg, die im Zuge des Aktionsprogramms „Neue Wege in der Lehrerausbildung“ des Stifterverbandes der Deutschen Wissenschaft, zusammen mit der Stiftung Mercator, gefördert wurde und bereits im Herbst 2007 stattfand. Die Tagung war die dritte ihrer Art nach entsprechenden Veranstaltungen 2005 und 2006 in Paderborn und Göttingen. Der vorliegende Band stellt somit auch die dritte Publikation im Kontext dieses Aktionsprogramms dar, nach „Standards und Kompetenzen – neue QualitĂ€t in der Lehrerbildung?“ [1] sowie „professionell lehren und lernen“ [2].

Dadurch, dass die vorliegende Publikation und die darauf bezogene Tagung zeitlich so weit auseinander liegen, spiegelt der Band nicht mehr in jeder Hinsicht den aktuellen Stand der beschriebenen Forschungsprojekte wider. Zudem sind 2010 und 2011 u.a. zwei große BĂ€nde im Bereich der Lehrerbildungsforschung erschienen, in denen die aufgeworfene Kernfrage nach der Wirksamkeit der Lehrerbildung systematischer und umfassender dargestellt wird, als dies der Tagungsband leisten kann. Dabei handelt es sich um das „Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf“ [3] sowie den Band „LehrprofessionalitĂ€t. Bedingungen, Genese, Wirkungen und ihre Messung“ [4].

„Knapp die HĂ€lfte“ (12) der BeitrĂ€ge des Bamberger Tagungsbandes steht im Kontext von Projekten, die im Rahmen des Aktionsprogramms „Neue Wege in der Lehrerausbildung“ gefördert wurden, so auch das Projekt der Tagungsgastgeber namens GLANZ (Grundschullehrerausbildung – Neukonzeption). Von daher erklĂ€rt sich, dass diesem Projekt gleich vier unterschiedliche BeitrĂ€ge gewidmet sind.

Die Einleitung der Herausgeber ist recht knapp gehalten. Sie enthĂ€lt einen ca. zweiseitigen Überblick ĂŒber den (nicht mehr ganz aktuellen) Stand der Forschung zur Wirkungsfrage in der Lehrerbildung sowie einen kurzen Versuch, die BeitrĂ€ge forschungsmethodisch und inhaltlich in ihrer Bandbreite abzustecken und zu gruppieren. Verwunderlich bleibt, warum das Inhaltsverzeichnis keine thematische Untergliederung enthĂ€lt. So ist man genötigt, zu einer entsprechenden Übersicht in der Einleitung (12) zu blĂ€ttern, wenn man die Abfolge der BeitrĂ€ge verstehen will. Die hier getroffene Zuordnung der BeitrĂ€ge zu einzelnen Gruppen wirkt aber letztlich auch ein wenig willkĂŒrlich, etwa wenn versucht wird, „Studien zur ÜberprĂŒfung des Kompetenzerwerbs einschließlich Grundsatzfragen“ von „LĂ€ngsschnittlichen und Standorte vergleichenden Untersuchungen“ abzugrenzen und dabei die IBH-Studie zum „Erwerb von Unterrichtskompetenz ĂŒber die Zeit“ in der zweiten statt in der ersten Rubrik landet. Mehrere interessante Querverbindungen zwischen den BeitrĂ€gen in Bezug auf die Titelfrage erschließen sich erst nach der kompletten LektĂŒre des Bandes. Als Konsequenz daraus sei hier eine etwas andere Reihenfolge in der Vorstellung der BeitrĂ€ge gewĂ€hlt, als die Herausgeber dies nahe legen.

In vielen der vorgestellten Projekte liegt ein Schwerpunkt auf der Frage, mit welchen Persönlichkeitsmerkmalen, Interessenstrukturen, Berufswahlmotiven oder berufsbezogenen Überzeugungen und Schulerfahrungen ein lehramtsbezogenes Studium begonnen wird, inwieweit sich diese Faktoren im Verlauf der Ausbildung verĂ€ndern und als PrĂ€diktoren fĂŒr Kompetenzerwerb gelten können. Teilweise werden diese VerĂ€nderungen dann auch konkret auf bestimmte Angebotsstrukturen innerhalb der universitĂ€ren Lehrerbildung bezogen und deren Effekte hinterfragt. Dies geschieht u.a. im Bamberger GLANZ-Projekt:

Bevor Gabriele Faust in ihrem Beitrag die „Ziele und Wirkungen“ des GLANZ-Projektes im Überblick beschreibt (35-46), erlĂ€utert der Projektleiter JĂŒrgen Abel (25-34) in einem eigenen Beitrag, warum in GLANZ der „Allgemeine Interessen-Struktur-Test“ nach Bergmann und Eder (1992) zu verschiedenen Zeitpunkten des Studiums eingesetzt wird. Idealerweise sollten sich die Interessenorientierungen von Lehramtsstudierenden im Laufe ihrer Ausbildung in eine Richtung entwickeln, die laut Lehrerbefragung am ehesten zum spĂ€teren beruflichen Umfeld Schule passt. Dazu gehört u.a. eine hohe soziale, sprachliche und intellektuell-forschende Orientierung bei gleichzeitigem Interesse an ordnend-verwaltenden TĂ€tigkeiten. Die Auswertungen der bisherigen Befragungen im GLANZ-Projekt zeigen allerdings, dass sich die zu Beginn vorherrschenden und leicht heterogenen Interessenorientierungen der Studierenden nach zwei Jahren noch nicht grundlegend verĂ€ndert haben (32). Daran Ă€ndern offenbar auch die Interventionsmaßnahmen im Rahmen des GLANZ-Projektes – bessere Abstimmung der Studienteile, Entwicklung eines neuen Gesamtkonzepts der schulpraktischen Studien, Förderung einer aktiveren Rolle der Studierenden – noch nichts Wesentliches.

Dennoch gehen die Interventionsmaßnahmen aus der Sicht der Projektkoordinatorin Gabriele Faust in die richtige Richtung und werden auch weiter lĂ€ngsschnittlich evaluiert. Faust stellt u.a. heraus, dass sich im Hinblick auf den erforschten Einsatz von Lernstrategien, das Empfinden inhaltlicher und sozialer Probleme sowie die Entwicklung der eigenen Zuversicht bisher „nur geringfĂŒgige VerĂ€nderungen“ auf Seiten der Befragten ergeben haben, dass aber die Studieninteressen deutlich gestiegen seien (46). Dazu gehört offenbar auch ein grĂ¶ĂŸeres Interesse an theoretischen Kenntnissen. Bilanzierend heißt es, die „Bedeutung systematischer Schul- und Unterrichtsforschung erschließt sich allerdings großen Anteilen der Studierenden im Blockpraktikum nicht“ (39).

Johannes Mayr bezieht sich in seinem Aufsatz auf seine LĂ€ngsschnittstudie mit angehenden bzw. im Beruf stehenden Grund-, Haupt- und Sonderschullehrern in Österreich und stellt heraus, dass es ein komplexes BeziehungsgefĂŒge zwischen personalen Merkmalen, Lernprozessen in der Ausbildung und der BewĂ€hrung in Studium und Beruf gibt. Eigenschaften wie Kontaktbereitschaft, StabilitĂ€t und Selbstkontrolle sowie berufsbezogene Interessen, insbesondere im Hinblick auf das Unterrichten und Erziehen, seien gute PrĂ€diktoren fĂŒr hohe Kompetenz in Studium und Beruf (84). Vor diesem Hintergrund plĂ€diert Mayr fĂŒr eine Verbesserung der Wirksamkeit der Lehrerbildung durch verstĂ€rkte Selbstselektion der Studierenden mittels Selbsterkundung und Laufbahnberatung. Zudem betont er in diesem Aufsatz besonders, dass das schulische Umfeld so verĂ€ndert werden mĂŒsse, dass es nicht fĂŒr die eher ungeeigneten, sondern eher fĂŒr besonders geeignete Persönlichkeiten attraktiv werde.

Wie relevant die Erfahrungen aus der eigenen Schulzeit fĂŒr die in den ersten Berufsjahren umgesetzten Unterrichtshandlungen von Junglehrern sind, arbeitet Pauli Kaikkonen in seinem Beitrag heraus. Dabei bezieht er sich auf jĂ€hrlich durchgefĂŒhrte Interviews mit dreizehn finnischen Fremdsprachenlehrpersonen sowie die Auswertung ihrer UnterrichtslogbĂŒcher bzw. Journals in der Zeit des Berufseinstiegs und der ersten Arbeitsjahre (176). Interessant ist, dass die in ihrem ersten Arbeitsjahr Befragten hĂ€ufig eine ablehnende Haltung gegenĂŒber dem selbst als SchĂŒler erlebten Fremdsprachenunterricht mit seinem Fokus auf Grammatik und Schriftlichkeit einnehmen, dass aber offenbar nur ein Teil der Befragten davor gefeit ist, dieses Unterrichtsmuster ungewollt zu wiederholen. Diejenigen, die es trotz Schwierigkeiten schaffen, den von ihnen angestrebten schĂŒlerorientierten, kommunikativen Fremdsprachenunterricht auch tatsĂ€chlich in die Praxis umzusetzen, zeichnen sich durch eine hohe ReflexionsfĂ€higkeit, auch in Bezug auf die erlebten Schwierigkeiten, und den Glauben an langsame Fortschritte aus. Um die Reflexion der eigenen beruflichen TĂ€tigkeit besser zu unterstĂŒtzen, ist es daher laut Kaikonnen notwendig, gerade Junglehrer in ihrem ersten Arbeitsjahr professionell pĂ€dagogisch zu betreuen.

In einer zweiten Gruppe von BeitrĂ€gen steht die Frage nach dem Wissens- bzw. Kompetenzstand oder der Entwicklung von Kompetenzen bei angehenden Lehrpersonen im Mittelpunkt. Dazu gehört ein Text von Anja Felbrich, Christiane MĂŒller und Sigrid Blömeke zu den Ergebnissen der international vergleichenden Studie „Mathematics Teaching for the 21st Century“. Die Autorinnen konzentrieren sich in diesem Beitrag auf Ergebnisse der deutschen Referendarskohorte. Sie heben u.a. hervor, dass angehende Gymnasial-LehrkrĂ€fte in den Testaufgaben umfangreicheres mathematisches und mathematikdidaktisches Wissen unter Beweis stellen als die Absolventen der Ausbildung fĂŒr Grund-, Haupt- und Realschule. Die kĂŒrzere Ausbildungszeit fĂŒr diese Personengruppe sei daher in Frage zu stellen (55). Gleichzeitig verweisen die Autorinnen auf die KomplexitĂ€t der Wissenskomponente „mathematikdidaktisches Wissen“, die das Auffinden eindeutiger PrĂ€diktoren schwierig mache (54).

In den von Susanne Larcher u.a. vorgestellten Projekten zur Entwicklung von “Unterrichtskompetenz ĂŒber die Zeit”, die von der Internationalen Bodensee-Hochschule (IBH) und dem Schweizerischen Nationalfonds gefördert werden, wurde u.a. mit Fragebögen zur SelbsteinschĂ€tzung sowie Vignettentests gearbeitet. Die Autoren belegen damit, dass die Lehrerausbildung im Bereich des Aufbaus von Unterrichtskompetenzen an den beteiligten schweizerischen und einer deutschen Hochschule wirksam ist. In der SelbsteinschĂ€tzung der Studierenden ergibt sich bereits nach dem ersten Studienjahr ein deutlicher Zuwachs an Kompetenz, insbesondere in den didaktischen Bereichen. Die Auswertung des Vignettentests bestĂ€tigt, „dass die Kompetenz, Unterricht zu planen, im Verlauf der Ausbildung [
] signifikant zunimmt“ (70).

Dass der bei Studierenden und Referendaren zu verzeichnende Kompetenzzuwachs insbesondere im Bereich der Didaktik und Unterrichtsmethodik liegt, bestĂ€tigen auch weitere der in dem Band vorgestellten Studien. Dazu gehört u.a. das am Campus Landau der UniversitĂ€t Koblenz-Landau verortete REBHOLZ-Projekt. In ihm geht es um die lĂ€ngsschnittliche Erfassung der Entwicklung beruflicher Handlungskompetenzen im Kontext schulpraktischer Studien anhand von Selbst- und FremdeinschĂ€tzung (durch die Mentoren). Die Autoren Christoph Schneider und Rainer Bodensohn schĂ€tzen den besonderen Zuwachs im Bereich didaktischer Handlungskompetenzen kritisch ein. So liegt aus ihrer Sicht „die Folgerung nahe, dass in der ersten Phase der Ausbildung [
] eine VernachlĂ€ssigung von zwischenmenschlichen Anteilen, die sich unter dem Schlagwort ‚KlassenfĂŒhrung‘ zusammenfassen lassen, zugunsten einer recht einseitigen Fokussierung auf didaktisch-unterrichtsmethodische Elemente zu beklagen ist“ (232). In REBHOLZ wurde auch untersucht, auf welche Weise man den ermittelten Kompetenzerwerb am zuverlĂ€ssigsten voraussagen kann. Als wesentliche PrĂ€diktoren fĂŒr die Entwicklung beruflicher Handlungskompetenz erweisen sich hier, Ă€hnlich wie in den Studien von Mayr (siehe oben) persönliche Eigenschaften wie die FĂ€higkeit zum Umgang mit Kindern und Jugendlichen, Gelassenheit, EinfĂŒhlungsvermögen und Neugierde (233).

Anhand der von Wilfried Schubarth, Karsten Speck und Andreas Seidel vorgestellten Potsdamer Studien zum Referendariat im Bundesland Brandenburg setzt sich die Erkenntnis, dass die Unterrichtskompetenzen im Mittelpunkt der berufspraktischen Ausbildung stehen, interessanterweise fort. Kompetenzbereiche wie Beraten, Innovieren und Organisieren haben im Brandenburger Referendariat laut EinschĂ€tzung der Beteiligten dagegen eher eine nachrangige Stellung. Aufhorchen lĂ€sst auch der Befund, dass die Seminarleiter, Ausbildungslehrer und Schulleiter die persönlichen Eingangsvoraussetzungen „ihrer“ Referendare positiver beurteilen als ihre berufsbezogenen Kenntnisse, insbesondere in der Fachdidaktik und in der Erziehungswissenschaft.

Welche Wirkung die Praxis der Leistungsbeurteilung in der Ausbildung auf das Verhalten österreichischer Grundschullehramts-Aspiranten hat, untersuchen Sabine Harter und Jean-Luc Patry. Anhand einer ersten qualitativen Untersuchung dreier Praxisteams mit je zwei Studierenden, einem Praxislehrer und einem Praxisbetreuer zeigt sich, dass die ausgewĂ€hlten Praktikanten ihre persönlichen Ziele und Ideen im Praktikum eher unterordnen, wenn sie dadurch das Erreichen einer guten bzw. sogar sehr guten Note gefĂ€hrden könnten. Insgesamt stellen sie anhand ihrer Videoauswertungen der Unterrichtsnachbesprechungen und Interviews eine „sehr passive Rolle“ der Praktikanten in der Beurteilungssituation fest (212) und werfen die Frage auf, ob denn die untersuchten Praktikanten als Junglehrer in der Lage sein werden, unter Druck zugunsten ihrer eigenen Ziele und Vorstellungen zu entscheiden.

Neben den genannten Studien zur Wirksamkeit von Praktika gibt es noch weitere zu diesem Thema sowie eine Reihe von Texten, die sich mit der Wirksamkeit spezieller hochschuldidaktischer Konzepte befassen, etwa mit den Effekten des MĂŒnchner Lehrertrainings zur Förderung effizienter KlassenfĂŒhrung oder den Einstellungen von Studierenden, die forschendes Lernen im Rahmen der „Oldenburger Teamforschung“ praktiziert haben. Wer sich fĂŒr die Entwicklung und Evaluation hochschuldidaktischer Konzepte speziell im Bereich Sachunterricht bzw. Naturwissenschaften interessiert, wird hier besonders fĂŒndig. Mit dem Thema Strukturelle Reform und Vernetzung im Bereich der universitĂ€ren Lehrerbildung befassen sich ebenfalls mehrere Autoren bzw. Autorenteams.

Schließlich gibt es noch eine Reihe von BeitrĂ€gen, in denen die theoretische Modellierung und die Entwicklung geeigneter Instrumente fĂŒr laufende oder zukĂŒnftige Wirkungsforschungen im Vordergrund stehen. Eine Sonderrolle, schon allein vom Umfang her, nimmt dabei der 21-seitige Beitrag von Fritz Oser, Albert DĂŒggeli und Sarah Heinzer ein. Die Autoren beziehen sich auf ihr Projekt „Professional Minds“ zur Messung der QualitĂ€t von Kompetenzprofilen bei Lehrpersonen an Berufsfachschulen. In diesem Aufsatz heben sie besonders hervor, wie gewinnbringend die Verwendung eines komplexen Quasi-Delphi-Verfahrens (140) ist, um dadurch 45 valide, situationsbasierte Kompetenzprofile wie z.B. „fördernde RĂŒckmeldung geben“ herauszuarbeiten. Zudem wird hier von ihnen betont, wie wichtig eine vergleichende Analyse von QualitĂ€tsurteilen zu den ermittelten Kompetenzprofilen durch Lehrpersonen und Nicht-Lehrpersonen ist, um die jeweils professionsspezifischen Kategorien genauer herauszuarbeiten. So gab es zwischen den Experten und Nicht-Experten z.B. u.a. signifikant unterschiedliche EinschĂ€tzungen der Teildimensionen „Ermutigung“ und „positive Erwartungshaltung“ in Bezug auf fördernde RĂŒckmeldungen von Lehrpersonen. Gerade solches professionsspezifisches Wissen mĂŒsste in der Lehrerbildung besonders fokussiert werden, wenn diese tatsĂ€chlich professionalisierend wirksam werden will.

Insgesamt bietet der Band fĂŒr jemanden, der vor allem an der Nutzbarkeit bisheriger Forschungsergebnisse fĂŒr die Gestaltung der Lehrerbildung, insbesondere im universitĂ€ren Bereich, interessiert ist, zahlreiche Anregungen. Zum VerstĂ€ndnis der dargestellten Konzepte und Datenauswertungen tragen die vielen Abbildungen in der Publikation bei. Angesichts der KĂŒrze der vielen BeitrĂ€ge und der bereits genannten Kritikpunkte kann der Band aber nicht mehr sein als eine kleine „Fundgrube“ auf der Suche nach AnknĂŒpfungspunkten fĂŒr eigene Projekte. Zu letzterem passt der von mehreren Autorinnen und Autoren formulierte Appell, die vorgestellten Evaluationen und Konzepte auch an anderen Standorten aufzugreifen und weiterzuentwickeln.

[1] Hilligus, Annegret Helen / Rinkens, Hans-Dieter (Hg.): Standards und Kompetenzen – neue QualitĂ€t in der Lehrerausbildung. Neue AnsĂ€tze und Erfahrungen in nationaler und internationaler Perspektive. Paderborner BeitrĂ€ge zur Unterrichtsforschung und Lehrerbildung, Bd. 11. Berlin: Lit 2006.

[2] Lemmermöhle, Doris u.a. (Hg.): professionell lehren – erfolgreich lernen. MĂŒnster u.a.: Waxmann 2007.

[3] Terhart, Ewald / Bennewitz, Hedda / Rothland, Martin (Hg.): Handbuch der Forschung zum Lehrerberuf. MĂŒnster u.a.: Waxmann 2011.

[4] Zlatkin-Troitschanskaia, Olga u.a. (Hg.): LehrprofessionalitÀt. Bedingungen, Genese, Wirkungen und ihre Messung. Weinheim und Basel: Beltz 2009.
Andrea Reinartz (Dresden)
Zur Zitierweise der Rezension:
Andrea Reinartz: Rezension von: Abel, JĂŒrgen / Faust, Gabriele (Hg.): Wirkt Lehrerbildung?, Antworten aus der empirischen Forschung. MĂŒnster u.a.: Waxmann 2010. In: EWR 10 (2011), Nr. 3 (Veröffentlicht am 22.06.2011), URL: http://www.klinkhardt.de/ewr/978383092318.html