Julius-Klinkhardt-Preis 2002
PreistrÀgerin: Frau Dr. Gabriele Kremer

Zum ersten Mal wurde der Julius-Klinkhardt-Preis am 27.9.2002 Frau Dr. Gabriele Kremer fĂŒr ihre Arbeit: Am Ende der âErziehungsweisheitâ. Die pĂ€dagogisch-psychiatrische Behandlung âpsychopathischerâ FĂŒrsorgezöglinge in der Weimarer Republik am Beispiel des âHeims fĂŒr weibliche Psychopathen in Hadamar" verliehen.
Ausgehend von einem Exempel, das die Diagnose âPsychopathieâ erklĂ€rt, beschreibt die Autorin den Ansatz der PsychopathenfĂŒrsorgebewegung, der in der pĂ€dagogisch-psychiatrischen Behandlung eigentlich Nicht-Erziehbarer bestand. Sie konstatiert fĂŒr die Programmatik der PsychopathenfĂŒrsorge eine Ambivalenz, die durch den Ruf nach ârassenhygienisch motivierter Verfolgung der vermeintlich Abnormenâ einerseits und âForderungen einer differenzierten heilpĂ€dagogischen Hilfe zum Wohle des Individuumsâ andererseits gekennzeichnet war. Vor diesem Hintergrund wird fĂŒr das Psychopathenheim in Hadamar untersucht, welchem SelbstverstĂ€ndnis diese Anstalt folgte und welche Praxis sie hervorbrachte.
Die AusfĂŒhrungen basieren auf der Analyse von 290 Krankenakten ehemaliger Insassinnen, die neben Berichten ĂŒber deren Verhalten auch Fotografien, Zeugnisse, Gutachten, Briefe von Eltern und nicht zuletzt Briefe der MĂ€dchen selbst enthalten. Der Autorin ist es hervorragend gelungen, diesen einmaligen Aktenbestand auszuwerten. Angefangen von BelegstĂŒcken fĂŒr die weitgehend pĂ€dagogische Zielsetzung (sittliche Hebung der Zöglinge), ĂŒber die EinweisungsgrĂŒnde bis hin zur Diagnosepraxis und den Behandlungsmustern, kann sie zeigen, dass die âHadamarer Version der Psycho-pathenfĂŒrsorgeâ sich âlediglich als Erweiterung etablierter Methoden zur sozialen Disziplinierungâ erwies und das medizinische Paradigma die Legitimation von MaĂnahmen erlaubte, die die pĂ€dagogische (und straf-rechtliche) Diskussion lĂ€ngst tabuisiert hatte.
Mit seiner Ausleuchtung des Grenzbereichs zwischen SozialpĂ€dagogik und Medizin liefert der Beitrag eine ungemein wertvolle Bereicherung des bildungshistorischen Wissens um die PĂ€dagogik der Weimarer Republik, die in der PsychopathenfĂŒrsorge ein neues Feld erzieherischen Handelns entdeckte.
Ausgehend von einem Exempel, das die Diagnose âPsychopathieâ erklĂ€rt, beschreibt die Autorin den Ansatz der PsychopathenfĂŒrsorgebewegung, der in der pĂ€dagogisch-psychiatrischen Behandlung eigentlich Nicht-Erziehbarer bestand. Sie konstatiert fĂŒr die Programmatik der PsychopathenfĂŒrsorge eine Ambivalenz, die durch den Ruf nach ârassenhygienisch motivierter Verfolgung der vermeintlich Abnormenâ einerseits und âForderungen einer differenzierten heilpĂ€dagogischen Hilfe zum Wohle des Individuumsâ andererseits gekennzeichnet war. Vor diesem Hintergrund wird fĂŒr das Psychopathenheim in Hadamar untersucht, welchem SelbstverstĂ€ndnis diese Anstalt folgte und welche Praxis sie hervorbrachte.
Die AusfĂŒhrungen basieren auf der Analyse von 290 Krankenakten ehemaliger Insassinnen, die neben Berichten ĂŒber deren Verhalten auch Fotografien, Zeugnisse, Gutachten, Briefe von Eltern und nicht zuletzt Briefe der MĂ€dchen selbst enthalten. Der Autorin ist es hervorragend gelungen, diesen einmaligen Aktenbestand auszuwerten. Angefangen von BelegstĂŒcken fĂŒr die weitgehend pĂ€dagogische Zielsetzung (sittliche Hebung der Zöglinge), ĂŒber die EinweisungsgrĂŒnde bis hin zur Diagnosepraxis und den Behandlungsmustern, kann sie zeigen, dass die âHadamarer Version der Psycho-pathenfĂŒrsorgeâ sich âlediglich als Erweiterung etablierter Methoden zur sozialen Disziplinierungâ erwies und das medizinische Paradigma die Legitimation von MaĂnahmen erlaubte, die die pĂ€dagogische (und straf-rechtliche) Diskussion lĂ€ngst tabuisiert hatte.
Mit seiner Ausleuchtung des Grenzbereichs zwischen SozialpĂ€dagogik und Medizin liefert der Beitrag eine ungemein wertvolle Bereicherung des bildungshistorischen Wissens um die PĂ€dagogik der Weimarer Republik, die in der PsychopathenfĂŒrsorge ein neues Feld erzieherischen Handelns entdeckte.