EWR 6 (2007), Nr. 5 (September/Oktober 2007)

Meike Sophia Baader / Helga Kelle / Elke Kleinau (Hrsg.)
Bildungsgeschichten
Geschlecht, Religion und Pädagogik in der Moderne.
Festschrift fĂĽr Juliane Jacobi zum 60. Geburtstag
(Reihe: Beiträge zur Historischen Bildungsforschung, Bd. 32)
Köln, Weimar, Wien: Böhlau 2006
(304 S.; ISBN 3-412-33405-7; 37,90 EUR)
Bildungsgeschichten Festschriften sind in den Geistes- und Sozialwissenschaften leider traditionell eine etwas undankbare Einrichtung. Sie bereiten den Herausgebern erhebliche redaktionelle Arbeit und werden als wissenschaftliche Publikation in den Schriftenverzeichnissen doch nicht so ganz ernst genommen. Vorrangig dazu bestimmt, die Jubilarin bzw. den Jubilar zu ehren, (hoffentlich) zu erfreuen und sein Werk angemessen zu reflektieren, sind Festschriften eher selten ein Ort aktueller wissenschaftlicher Debatten. Wird eine thematische Klammer seitens der Herausgeber vorgeschlagen, so wird diese für gewöhnlich eher als lose Richtschnur aufgefasst, was umgekehrt leicht zu einer gewissen Beliebigkeit und Belanglosigkeit vieler Festschrifttitel führt. Schließlich ist es dann häufig auch noch sehr schwierig, einen geeigneten Verlag zu finden und ein „richtiges“ Buch aus der Festschrift zu machen. Insofern ist Fairness und Zurückhaltung angebracht bei der Beurteilung von Festschriften, und beides soll auch in der folgenden Rezension walten.

Meike Sophia Baader, Helga Kelle und Elke Kleinau ist es gelungen, die Festschrift für Juliane Jacobi in einem angesehenen Verlag und in einer renommierten Reihe herauszubringen. Ihre „Bildungsgeschichten“ erwecken von außen betrachtet auch keineswegs den Eindruck einer Festschrift; vielmehr verspricht auch der Untertitel eine spannende thematische Klammer, die das Schaffen der Geehrten umreißt und gleichzeitig auch die Beiträge angemessen fasst, ohne dabei in Beliebigkeit zu verfallen. Dieser Balanceakt gelingt im vorliegenden Fall – und er gelingt doch auch nicht. Zwar lassen sich die Forschungsschwerpunkte Juliane Jacobis mit der Begriffstrias ‚Geschlecht, Religion und Pädagogik’ recht präzise umschreiben, und auch die meisten der Beiträge bewegen sich in diesem Rahmen; es muss jedoch gefragt werden, ob diese Begriffe in den Beiträgen tatsächlich auch zusammengedacht werden. Wäre die vorliegende Festschrift ein regulärer Sammelband, so würde man eine grundsätzliche Auseinandersetzung darüber erwarten können, inwiefern und unter welchen Fragestellungen diese Begriffe überhaupt systematisch verknüpft werden können. Dass dies bei der Religions- und Bildungsgeschichte möglich ist, hat Juliane Jacobi selbst in einer Vielzahl von Publikationen und Forschungsarbeiten bewiesen. Gleiches gilt für die „Rekonstruktion von Bildungsgeschichte als Geschlechtergeschichte“ (2), mit der sie in den 1970er Jahren weitgehend Neuland in der Erziehungswissenschaft betrat.

Im vorliegenden Band markieren die Begriffe ‚Geschlecht’, ‚Religion’ und ‚Pädagogik’ ganz überwiegend Eckpunkte, um die herum sich die Aufsätze der Beitragenden mit jeweils sehr unterschiedlichen Gewichtungen verorten lassen; ein systematisches Zusammendenken aller drei Begriffe findet sich nur selten. Und noch ein weiterer Punkt fällt auf: Der explizite Verweis auf die Moderne fasst weder das Spektrum der versammelten Beiträge, die aus der Gegenwart bis in die Antike weisen, noch wird er dem Schaffen Juliane Jacobis gerecht, deren Arbeiten weit über die Moderne hinausreichen (vgl. Einleitung, 2).

Ich werde den Band im Folgenden mit Blick auf seine wissenschaftliche Reichweite konzentriert auf drei Beiträge diskutieren. Der erste von vier Abschnitten befasst sich mit „Kindheit und Jugend“; hier finden sich zu Beginn gleich zwei Beiträge, die mit dem Medium der Fotografie eine Quellengattung aufgreifen, die innerhalb der historischen Bildungsforschung immer noch eine eher marginale Rolle spielt. Karin Priem (11-24) untersucht Fotografien aus den 1920er Jahren als Medien der Wahrnehmung, Beobachtung und Beurteilung von verwahrlosten Kindern im Kontext baden-württembergischer „Kinderrettungsanstalten“ und rekurriert methodologisch auf den Ansatz von Svetlana Alpers, in dem „visuelle Herstellungsweisen als epistemologische Praxen“ (15) aufgefasst werden. Auf diese Weise werden die Anstaltsfotografien nicht nur als Instrument der Beobachtung, sondern zugleich als visuelles Mittel begriffen, „mit dem kulturelle Formeln von Kindheit und Jugend, Erziehungsbedürftigkeit, Erziehungsfähigkeit und Erziehungserfolg wechselseitig befragt werden“ (17). Damit ist auch die wichtige und methodologisch schwer zu handhabende Frage angesprochen, auf welche Weise Fotografien durch die Reproduktion eines – je nach Fotograf höchst unterschiedlichen – Blicks auf die Wirklichkeit und durch ihre Rezeptions- und Verwendungskontexte eine spezifische Wirklichkeit jenseits des Bildes konstruieren. Anders als die Diskursforschung, die sich diesbezüglich mit etablierten Ansätzen wie der Sprechakttheorie (Austin) oder der Performativität (Butler) aus der Affäre ziehen kann, ist dieser Zusammenhang in der Bildforschung nach wie vor nicht vollständig geklärt. Die Frage also, welches spezifische Bild vom „verwahrlosten“ bzw. „errettungswürdigen“ Kind durch die zeitgenössische Rezeption dieser Fotografien erzeugt wurde, bedarf solcher Untersuchungen wie der von Priem, weil mit den Ergebnissen von Bildanalysen auf eine gewissermaßen nicht-sprachliche Diskursivität verwiesen ist, die sich zuweilen nicht mit den Erkenntnissen deckt, die aus schriftlichen Quellen gewonnen werden können. Dies gilt auch im vorliegenden Fall; denn überraschenderweise zeigen die Fotografien ein Bild vom Anstaltsleben, welches die Formelhaftigkeit der überlieferten Vorstellungen vom besserungswürdigen und verwahrlosten Kind, wie es sich in den gedruckten Quellen findet, relativiert und zugleich Möglichkeiten zur Korrektur dieser Vorstellungen eröffnet.

Ähnliches gilt für den Beitrag von Ulrike Pilarczyk (25-47). Ihr gelingt es, mit der Analyse visueller Quellen neue Facetten der jüdischen Jugendbewegung aufzuzeigen, die wichtige Frage zu erörtern, wie jugendliches Lebensgefühl visualisiert worden ist, und, was noch spannender ist, wie ein solches Lebensgefühl seinen Ausdruck im Selbstbild der Individuen findet, wenn man die besonderen Rahmenbedingungen der jüdischen Jugendbewegung in Rechnung stellt. Pilarczyk, die in den vergangenen Jahren einen erheblichen Beitrag zur methodologischen Erschließung von Fotografien als Quellen in der historischen Bildungsforschung geleistet hat [1], gelingt es dabei vor allem bei der Analyse eines Fotos des damals noch jungen und unbekannten Tim Gidals, das emotionale und mitunter hochgradig spirituell aufgeladene Erleben jugendlichen Gemeinschaftslebens nachzuzeichnen. Auf die „Normalität“ der jüdischen Jugendbewegung, gemessen an der gesamten Jugendbewegung, verweisen dabei Natur- und Gemeinschaftserlebnis wie auch der hohe Stellenwert von Führerpersönlichkeiten, der in den parallel hinzugezogenen autobiographischen Quellen seinen Ausdruck findet. Mit dem Ziel, ein spezifisch „jüdisches Milieu, eine neue religiöse jüdische Wirklichkeit“ (35) zu schaffen, ist jedoch auf wenigstens eine wesentliche Differenz zur Jugendbewegung verwiesen, das – zumindest bei einem Teil ihrer Angehörigen – implizite Ziel, nach Palästina auszuwandern. In diesem vielgestaltigen Prozess spielten die höchst heterogenen Gruppen der jüdischen Jugendbewegung eine gewichtige Rolle bei der „Suche nach geistigem und moralischem Halt unter dem Druck einer zunehmend feindlich gesinnten, antisemitischen Umwelt“ (45), die die Jugendlichen nötigte und befähigte, „ihre jüdische Herkunft als Eigenes zu definieren“ (ebd.). Gerade diese Rückbesinnung auf Formen des religiösen Lebens der Jugendlichen unter den ständig zunehmenden Repressalien der Lebenswelt bietet Möglichkeiten zu einer systematischen Verknüpfung der oben genannten Leitbegriffe in historischer Perspektive. Auch wenn Pilarczyk in ihrem Beitrag die Kategorie Geschlecht eher am Rande thematisiert, böte gerade die Frage nach dem – möglicherweise – höchst unterschiedlichen Umgang mit Geschlecht in der jüdischen Jugendbewegung im Vergleich zu den breit erforschten Jugendorganisationen zu Beginn des 20. Jahrhunderts spannende Anschlussmöglichkeiten.

Tamar Rapoport und Yoni Garb (49-68) thematisieren in ihrem 1998 schon einmal erschienenen Beitrag die Geschlechtersozialisation junger jüdischer Frauen im Kontext einer monoedukativen zionistischen Oberschule in Israel. Über die Analyse von Interviews arbeiten sie heraus, wie diese ihre religiöse Sozialisation erlebten und zeigen dabei, wie sehr das systematische „Verstummen“ zum – beabsichtigten – Ideal der angepassten Frau in der zionistischen Gesellschaft beiträgt.

Helga Kelle und Georg Breidenstein (69-89) unterziehen ihre eigene ethnographische Studie an der Laborschule Bielefeld aus den 1990er Jahren einer kritischen Re-Lektüre und verfolgen dabei die Frage, wie von Schülern „Privatheit“ und „Öffentlichkeit“ im schulischen Kontext gelebt wird. Dabei nehmen sie, mit Rückgriff auf Hartmut von Hentigs Konzept der ‚Schulpolis’ und Oskar Negts ‚Kinder-Öffentlichkeiten’, Schülerkonferenzen als Ort in den Blick, wo dieses Verhältnis gleichsam unter institutioneller Anleitung ausgehandelt wird.

Der Aufsatz von Ulrike Gleixner (91-102) markiert den Beginn des zweiten Abschnitts der Festschrift, der mit „Religion und Geschlechteranthropologie“ betitelt ist. Sie thematisiert den Beitrag der katholischen Barockpredigt auf die Konstitution der frühneuzeitlichen Geschlechterverhältnisse und demonstriert dabei eindrucksvoll, wie in den Predigten nicht nur männliche und weibliche Stereotypien herausgebildet wurden („Trunksucht“ vs. „Zanksucht“), sondern darüber hinaus „das junge Publikum sukzessive in die misogynen Grundmuster frühneuzeitlicher Kommunikation eingeführt“ wurde (95). Pia Schmid zeigt in ihrem Beitrag (103-117), wie innerhalb der Herrenhuter Brüdergemeinde ein für den deutschen Protestantismus des 18. Jahrhunderts neuer (und einmaliger) Weg eingeschlagen wurde, was die Zugangsmöglichkeiten von Frauen zu seelsorgerischen und Gemeindeämtern betrifft. Christine Mayer (119-139) referiert den Beitrag Rousseaus, Kants und Humboldts zur Genese der modernen Pädagogik im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert und richtet den Blick dabei auf die Art und Weise, wie das Geschlechterverhältnis bei den genannten Autoren im Rahmen eines modernen, aufklärerischen anthropologischen Diskurses dargestellt wird. Elke Kleinau beschäftigt sich in ihrem Beitrag (141-158) mit dem heute nur noch wenig bekannten Werk Carl Friedrich Pockels, vor allem mit seinem insgesamt neunbändigen Werk zur Geschlechteranthropologie, und zeigt dabei, wie sehr der Autor gerade in seinen Verweisen auf die – vermeintlich rückständigen – orientalischen Sitten um eine Rechtfertigung des bestehenden abendländischen Geschlechterverhältnisses bemüht war.

Der dritte Abschnitt thematisiert „Frauenbewegung und Pädagogische Berufe“. Ann Taylor Allen (159-177) reflektiert das schwierige Verhältnis der französischen und deutschen Frauenbewegung zur Eugenik zwischen 1918 und 1940. Am Beginn steht dabei die – nur auf den ersten Blick – überraschende Erkenntnis, dass Feminismus und Eugenik sich keineswegs ausschlossen, sondern es, im Gegenteil, in den Reihen der französischen und deutschen Feministinnen eine große Zahl an Befürworterinnen der Eugenik gab. „What drew feminists to eugenics movements?“ (160) lautet ihre Frage, die sie im Weiteren aus unterschiedlichen Blickwinkeln beantwortet. Da ist zum einen die Hoffnung vieler (politisch links orientierter) Feministinnen, der Staat könne mittels „positive eugenics“, d.h. des regulierenden Eingriffs in die Reproduktion (Geburtenkontrolle, Senkung der Säuglingssterblichkeit etc.) zugleich auch Mechanismen der Unterdrückung in den Familien auflösen, zumal die Gleichsetzung von Frauen mit der Rolle der Mutter und der an diese Rollenzuschreibung geknüpfte politische Auftrag offenbar vielerorts als Aufwertung des eigenen Geschlechts (fehl-)interpretiert wurde. Neben der höchst unterschiedlichen Ausrichtung der französischen und deutschen Eugenik kommt mit der religiösen Orientierung zudem eine weitere gewichtige Einflussgröße auf die Positionierung der Protagonistinnen im Eugenik-Diskurs des frühen 20. Jahrhunderts zum Tragen, die Allen hier allerdings nur andeutet. Erst einige Zeit nach Inkrafttreten der Rassengesetze, so scheint es, wurde weiten Teilen des deutschen und französischen Feminismus der misogyne Charakter der staatlichen Eugenik bewusst. Die Frage, „[w]hat can we learn from the history of feminism and eugenics?“ (172) beantwortet Allen vor allem mit Blick auf die Fehler, die seitens der Feministinnen gemacht wurden, allem voran ihren Beitrag zur Instrumentalisierung der Geburtenkontrolle im Interesse des Staates bei gleichzeitiger Aufgabe der Geburtenkontrolle als individuelle Entscheidung und fundamentales Recht. Das stimmt umso bedenklicher, wenn man in Betracht zieht, dass Eugenik als staatliches Programm nach 1945 zwar an Bedeutung fast vollständig verlor, auf der individuellen Ebene mit Blick auf die zunehmende Bedeutung von Genomanalyse und pränataler Diagnostik aber umso wichtiger erscheint: „However, individuals’ concern for the ‚quality’ of their offspring is stronger than ever, as parents use technologies such as genetic testing, prenatal diagnosis, and amniocentesis to ensure the production of a perfect baby“ (173).

Gerade durch diesen Verweis auf die Aktualität des Verhältnisses von Selbstbestimmung, Geburtenkontrolle und Gesundheitspolitik für die Gegenwart hebt sich der Beitrag von Taylor von vielen anderen historischen Beiträgen ab, wird hier doch die Notwendigkeit deutlich, die Genese eines derart grundsätzlichen Konflikts zu diskutieren, weil an dieser auch die besondere, gewissermaßen historisch gewachsene Verantwortung der feministischen Frauenbewegung für dieses Verhältnis deutlich wird. Zwar sind die Schnittpunkte und das Zusammenwirken von feministischem und eugenischem Denken in historischer Perspektive – vor allem auch durch die Autorin selbst – relativ breit erforscht; dennoch zeigt Allen durch den beschriebenen Gegenwartsbezug und nicht zuletzt durch ihre komparatistische Perspektive Anknüpfungspunkte für weitere Forschungsarbeiten auf.

Edith Glaser (179-193) untersucht unternehmerische Aspekte bei der Leitung von Privatschulen für Mädchen im 19. Jahrhundert und stellt mit der höheren Töchterschule der Ottilie von Steyber und der Pensions- und Unterrichtsanstalt für Töchter von Emma Luise Ihle je ein Beispiel für ein erfolgreiches und ein gescheitertes Schulunternehmen vor. Irene Stoehr nimmt in ihrem Beitrag (195-215) mit Gertrud Bäumer die „vielleicht wirkmächtigste Wortführerin der deutschen bürgerlichen Frauenbewegung“ (195) in den Blick und untersucht deren soziales Engagement beim Aufbau der Sozialen Frauenschule und des Sozialpädagogischen Instituts in Hamburg. Der Beitrag von Dietlind Fischer (217-233) nimmt erneut Frauen als Schulleiterinnen in den Blick, allerdings nicht in historischer Perspektive, sondern vor allem unter der Fragestellung, „in welcher Weise Frauen sich systemisch in Schulleitung arrangieren“ (219).

Der vierte Block schließlich behandelt Formen der „Geselligkeit“. Der Beitrag von Hilge Landweer (235-254) thematisiert das Konzept der „Freundschaft“ in Aristoteles’ ‚Nikomachischer Ethik’. Sie zeigt dabei auf, dass Aristoteles insbesondere mit Blick auf die Geschlechterverhältnisse von unterschiedlichen Ökonomien des Gebens und Nehmens ausgegangen ist und das Prinzip der „Maßlosigkeit“ (etwa der Mutterliebe) als Regulativ ungleicher Freundschaftsbeziehungen anführt. Meike Sophia Baader (255-273) zeigt anhand der Schriften einer Vertreterin des Pietismus (Susanna von Klettenberg, 1732-1774) und einer Vertreterin der Romantik (Caroline Rudolphi, 1754-1811) auf, wie zum einen in der Romantik die weltliche Freundschaft in den Freundschaftsdiskurs zurückgeholt, zum anderen Frauen erstmalig als zur Freundschaft befähigt ernannt wurden. Den Abschluss des vierten Abschnitts und des Bandes bildet der Beitrag von Iris Schröder (275-292), die einen 1913 erschienenen Berliner Stadtführer untersucht, der sich an eine explizit weibliche Leserschaft wandte und mit seinen Beiträgen eine gleichsam weibliche Topographie der Stadt Berlin entwarf.

So vereint der Band bei einem – diese Bemerkung muss gestattet sein – für eine Paperback-Ausgabe durchaus stattlichen Preis höchst unterschiedliche Abhandlungen, bei denen zumindest fraglich ist, ob sie sich mit der gewählten Klammer ‚Geschlecht – Religion – Pädagogik’ thematisch überhaupt präzise fassen lassen, wenn man diese tatsächlich beim Wort nimmt und eine systematische Verknüpfung aller drei Begriffe erwartet. Tatsächlich hält dies kaum einer der Beiträge ein und am ehesten gelingt es Christine Mayer, deren Beitrag allerdings keine wirklich neuen Erkenntnisse vermittelt. Bedeutsamer erscheinen da die thematischen Klammern, die durch die vier Abschnitte des Buches vorgegeben werden und in denen die Geschlechterperspektive das durchgängige, Zusammenhang stiftende Thema bietet. Zwar erfindet keine der Autorinnen das Rad neu, für den oder die an feministischen und/oder pädagogischen Fragestellungen Interessierte(n) mit einer Affinität zu historischen Perspektiven bietet dieser Band aber teilweise hoch spannende Beiträge und schließt – s.o. – vereinzelt sogar ansatzweise die eine oder andere Lücke. Zugleich verweist die thematische Klammer auf die Notwendigkeit, den Zusammenhang von Geschlecht, Pädagogik und Religion in historischer Perspektive weiter systematisch zu erschließen; denn dies ist bis heute nur selten geschehen. In diese Richtung gibt der vorliegende Band wichtige Impulse, erste Annäherungen und Standortbestimmungen. Für eine Festschrift ist das weit mehr, als man erwarten kann.

Einige kleinere redaktionelle Mängel – etwa die uneinheitliche Gestaltung der äußeren Form der Beiträge (Überschriften, Gliederungen, Literaturverzeichnisse), die unterschiedliche Handhabung von Zitationen über mehrere Zeilen (vgl. 73, 86 und 221), die uneinheitliche Gestaltung der Bildunterschriften und die geradezu willkürlich wirkende Handhabung von Quellentexten und Literatur in den Literaturverzeichnissen, die mal separat, mal zusammengefasst aufgeführt werden (vgl. 135ff., 191ff., 271ff.) – sind beim angesprochenen Preis zwar etwas ärgerlich, ändern aber nichts an der insgesamt positiven Einschätzung.

[1] Vgl. Pilarczyk, Ulrike/Mietzner, Ulrike (2005): Das reflektierte Bild. Die seriell-ikonografische Fotoanalyse in den Erziehungs- und Sozialwissenschaften. Bad Heilbrunn: Klinkhardt (http://www.klinkhardt.de/ewr/78151409.html).
Adrian Schmidtke (Göttingen)
Zur Zitierweise der Rezension:
Adrian Schmidtke: Rezension von: Baader, Meike Sophia / Kelle, Helga / Kleinau, Elke (Hg.): Bildungsgeschichten, Geschlecht, Religion und Pädagogik in der Moderne. Festschrift fĂĽr Juliane Jacobi zum 60. Geburtstag (Reihe: Beiträge zur Historischen Bildungsforschung, Bd. 32). Köln, Weimar, Wien: Böhlau 2006. In: EWR 6 (2007), Nr. 5 (Veröffentlicht am 04.10.2007), URL: http://www.klinkhardt.de/ewr/41233405.html