Julius-Klinkhardt-Preis 2021
Im Rahmen der Tagung der Sektion Historische Bildungsforschung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswisssenschaften (DGfE) in Kassel am 15.September 2021
Preisträger: Daniel Deplazes
Der Julius-Klinkhardt-Preis zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Historischen Bildungsforschung wird als Unterstützung und Ansporn für bildungshistorische Arbeiten verliehen, die aktuell im Entstehen sind. Dadurch sollen vielversprechende Qualifikationsarbeiten möglichst frühzeitig und begleitend gefördert werden.
Daniel Deplazes
Ãœberreichung des Preises durch Verleger Andreas Klinkhardt
Daniel Deplazes rekonstruiert in seinem Exposé und den eingereichten Arbeitsproben auf ambitionierte Weise das Netzwerk, welches sich um das Zürcher Landerziehungsheim Albisbrunn zwischen 1960 und 1990 entspann. Unter Rückgriff auf die von Bruno Latour und anderen erarbeitete Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT) begibt er sich – eng an die Fersen der damaligen Akteure geheftet – in ein dichtes Geflecht aus persönlichen, institutionellen, materiellen und transnationalen Zusammenhängen des Schweizer Heimwesens.
In akribischer Arbeit, die bislang kaum genutztes Quellenmaterial erschließt, verfolgt er, wie sich in dem Politik, Fürsorge, Wissenschaft und internationale Heimlandschaft umspannenden Netzwerk Praktiken konstituierten, über welche die damaligen Akteure Sinnzusammenhänge stifteten und ihr Handeln mit Bedeutung aufluden. Nicht nur gelingt es Deplazes auf diese Weise, über das gewählte Beispiel hinaus Einblicke in die hoch komplexe Funktionsweise von Heimen zu eröffnen und die historische Forschung zu diesem Themenkomplex im besten Sinne zu ‚verkomplizieren‘.
Seine Arbeit kann auch dazu beitragen, die Historische Bildungsforschung für die bislang selten genutzte Akteur-Netzwerk-Theorie aufzuschließen.
Mit der Verleihung des Julius-Klinkhardt-Preises möchte die Jury somit ein Dissertationsprojekt würdigen, das durch seine Nähe zu den Akteuren inhaltlich neue Erkenntnisse im heiß diskutierten Themenfeld Heimerziehung verspricht, theoretisch wie methodisch innovativ ist und auch in Form und Darstellung in durchaus couragierter Weise Neuland beschreitet.