EWR 2 (2003), Nr. 2 (März/April 2003)

Hans Jürgen Apel / Werner Sacher (Hrsg.)
Studienbuch Schulpädagogik
Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2002
(398 Seiten; ISBN 3-7815-1224-X; 19,80 EUR)
Studienbuch Schulpädagogik Die Herausgeber verstehen Schulpädagogik als Integrationswissenschaft der drei Bereiche Theorie der Schule, Theorie des Unterrichts und Theorie des pädagogischen Handelns, wobei der wichtige Aspekt der Theorie des Lehrplans hierbei dem Bereich der Theorie der Schule zugeordnet wird. Dieses Verständnis von Schulpädagogik spiegelt sich im Aufbau des Buches wider: Die Herausgeber gliedern es grob in die vier Teile "Theorie der Schule als Institution und Organisation", "Theorie des Unterrichts", "Planung und Analyse von Lehr-Lern-Prozessen" sowie "Bildung, Erziehung, Förderung und Beratung in Schule und Unterricht".

Das Buch beginnt mit dem Beitrag von H.-J. Ipfling "Schule – ihre Geschichte, ihre Funktion und ihre Organisation". Dieser Titel repräsentiert gleichzeitig den Aufbau des Kapitels: Neben einem Kurzabriss der historischen Entwicklung von Schule werden deren vielfältige Aufgaben sowie der Aufbau des deutschen Schulsystems inklusive schulreformerischer Aspekte betrachtet.

Gegenstand des nachfolgenden Artikels ist "Schule im internationalen Vergleich". W. Wiater geht dabei auf die Bedeutung der Theorie der Schule als Basis sowie auf Qualität von Schule als einem Kernpunkt des Schulvergleichs ein. Diese Ausführungen werden durch eine exemplarische Gegenüberstellung der Schulsysteme in Deutschland und Italien veranschaulicht.

Dem Thema "Lehrplantheorie und Lehrplanentwicklung" widmet sich W. Müller. Nach einer definitorischen Klärung gibt der Verfasser mittels acht Leitfragen einen Überblick über Kernprobleme der Lehrplantheorie. Nach einer Skizze ihrer geschichtlichen Entwicklung geht er auf die Rechtfertigungs- und Entwicklungsproblematik sowie Aufgaben und Auswirkungen von Lehrplänen ein.

M. Hallitzky/N. Seibert erörtern in ihrem Kapitel "Theorie des Unterrichts. Von bildungstheoretischen zu systemtheoretischen Ansätzen in der Didaktik" verschiedene didaktische Theorien. Bei den neuesten Ansätzen gehen sie insbesondere auf systemtheoretisch-konstruktivistische Ansätze (K. Reich) sowie auf die evolutionstheoretische Didaktik (A. Scheunpflug) ein und diskutieren abschließend, inwiefern "Offenheit" als zentrale Kategorie didaktischer Theoriebildung Berücksichtigung findet. Für thematische Einsteiger wäre es vielleicht hilfreich gewesen, die Vorstellung der einzelnen didaktischen Ansätze durch geeignete Abbildungen zu ergänzen und/oder stärker zu untergliedern sowie die verschiedenen Theorien stärker zu einander in Beziehung zu setzen.

Der Beitrag von C. Gräsel/H. Mandl ist überschrieben mit "Qualitätskriterien von Unterricht: Ein zentrales Thema der Unterrichts- und Lehr-Lern-Forschung". Aus der Perspektive dieser Forschungsrichtung bilden ‚Wissenserwerb und Schulleistungen’, ‚fächerübergreifende Kompetenzen’ sowie ‚Motivation und Interesse’ relevante Prüfsteine für die Beurteilung von Unterricht, zu denen aktuelle Forschungserkenntnisse skizziert werden. Des Weiteren werden auf der Ebene des Unterrichts, der einzelnen Schule sowie des Schulsystems verschiedene Faktoren thematisiert, die Einfluss auf die Unterrichtsqualität haben.

In seinem Beitrag zur "Planung und Vorbereitung von Unterricht und Lernumgebungen – Planungstheorien" erörtert H. J. Apel relevante Theorien der Unterrichtsplanung und geht dabei auch auf Vorbereitungen offenen Unterrichts ein. Weiterhin verdeutlicht er die Notwendigkeit der Berücksichtigung von Erkenntnissen der Unterrichts- sowie Schulleistungsforschung als Basis der Unterrichtsvorbereitung. Die theoretischen Ausführungen werden einerseits durch Abbildungen zu den Planungstheorien und andererseits mittels konkreter, detailliert ausgeführter Beispiele für Unterrichtsplanungen sowohl geschlossenen als auch geöffneten Unterrichts illustriert. Für Studienanfänger wäre es möglicherweise noch interessanter gewesen, Beispiele für Planungen unterschiedlicher Unterrichtsformen (traditionellen Fachunterricht bzw. Projektunterricht) für denselben, statt für unterschiedliche Unterrichtsinhalt(e) formuliert zu sehen.

W. Sacher setzt sich in seinem Artikel "Evaluation von Unterricht und Schülerleistungen" facettenreich sowohl mit der Beurteilung von Unterricht als auch mit der Evaluation von Schülerleistungen auseinander. Als Grundlage für die Bewertung von Unterricht werden Kriterien guten Unterrichts, unterrichtliche Analyseebenen sowie Techniken zur qualifizierten Unterrichtsbeobachtung thematisiert. Weiterhin erörtert Sacher u.a. Aufgaben und Formen der Beurteilung von Schülerleistungen sowie Vorbereitung, Organisation und Nachbereitung von Prüfungen.

W. Wiater befasst sich in zwei Beiträgen mit den Themen "Bildung" bzw. "Erziehung als Aufgabe der Schule". Dabei geht er ausführlich auf die Begriffe, ihre historische Genese und die Verwendung in aktuellen Kontexten ein. Weiterhin erörtert er im Anschluss u.a. die Rolle bzw. Möglichkeiten von Schule und Unterricht sowie der Lehrkräfte bei der Erfüllung dieser der Schule zugedachten Aufgaben.

Mit dem Thema "Beratung und Profession – Beratung als professionelle Aufgabe von Lehrern" setzt sich M. Pfitzner auseinander. Er begründet die Notwendigkeit einer theoretisch fundierten und reflektierten Beratungskompetenz als einen wesentlichen Bestandteil professionellen Lehrerhandelns. Die Beratungstätigkeit von Lehrkräften wird in das Netzwerk schulischer Beratung eingeordnet sowie in ihren Möglichkeiten und Grenzen erläutert.

M. A. Vernooij arbeitet in ihrem Beitrag "Kinder mit besondern Begabungsressourcen in der Grundschule. Lernbehinderung und Hochbegabung, zwei Seiten einer Medaille" Parallelen zwischen den beiden Extremen der Fähigkeitsskala u.a. hinsichtlich des Begriffsverständnisses, der Bedeutung bestimmter Persönlichkeits- und Umweltfaktoren für die individuelle Entwicklung der Kinder sowie deren besonderen Förderbedarfs heraus. Kritisch anzumerken ist, dass im Hinblick auf hochbegabte Kinder ohne Hinweis auf entsprechende Studien von besonderen Problemen und Schwierigkeiten gesprochen wird, obwohl ein direkter Zusammenhang von Hochbegabung und Problemanfälligkeit in unselektierten Stichproben in der Regel nicht nachzuweisen ist.

Der Band wird mit Ausführungen über "Schulische Medienarbeit" abgeschlossen: Nach einer kurzen Begriffsklärung geht W. Sacher zunächst auf den Aspekt der Medienerziehung und nachfolgend auf die Medienverwendung im Unterricht ein, wobei ein Schwerpunkt auf die Behandlung von medienbasierten Lernumgebungen gelegt wird. Neben verschiedenen Konzepten der Medienerziehung und –verwendung werden auch Erkenntnisse der didaktischen Medienforschung skizziert. Bedauerlicherweise werden die zugrunde liegenden Studien nicht angegeben.

Das Studienbuch Schulpädagogik erfüllt die Erwartungen, die es durch seinen Titel sowie die Ankündigungen auf dem Klappentext weckt: Studienanfänger können einen soliden Überblick über zentrale Bereiche der Schulpädagogik erlangen. Die meisten der zwölf Artikel sind kurz und prägnant formuliert, ohne dabei oberflächlich auszufallen. Die Darstellungen sind meist auch für thematische Einsteiger verständlich (wenn auch nicht durchweg als Erstlektüre empfehlenswert). In vielen Artikeln werden die theoretischen Ausführungen durch Statistiken, Abbildungen und/oder Beispiele angereichert. Im Hinblick auf die angesprochenen (heterogenen) Zielgruppen (Anfänger, Fortgeschrittene, Prüfungskandidaten, bereits tätige Lehrkräfte und Verantwortungsträger, die nach längerer Berufstätigkeit den Anschluss an den aktuellen Theorie- und Forschungsstand suchen) sowie die damit verbundenen Verwendungszwecke wäre ein nach Basis- und Vertiefungsliteratur sortiertes Verzeichnis empfehlenswerter Veröffentlichungen eine wünschenswerte Ergänzung gewesen, die vielleicht für eine zweite Auflage ins Auge gefasst werden könnte. Eine solche ist dem Buch jedenfalls zu gönnen.
Kathrin Ahlbrecht (Braunschweig)
Zur Zitierweise der Rezension:
Kathrin Ahlbrecht: Rezension von: Apel, Hans Jürgen / Sacher, Werner: Studienbuch Schulpädagogik, Bad Heilbrunn: Klinkhardt 2002. In: EWR 2 (2003), Nr. 2 (Veröffentlicht am 01.04.2003), URL: http://www.klinkhardt.de/ewr/78151224.html