Mit "Imperialismus" ist hier aber gerade nicht der Wille bezeichnet, den Wettkampf der Einzelwissenschaften um die gesellschaftliche und sozialwissenschaftliche Vorrangstellung anzuheizen, sondern die dem Diskurs der Allgemeinen Pädagogik äußerlich gebliebene ökonomische Perspektive als Bereicherung des eigenen Theoriezusammenhangs aufzuarbeiten. Dazu werden in einem ersten Schritt (Kap. 2) ökonomische Denkstile und ihre mögliche systematische Entwicklung für ein pädagogisches Selbstverständnis herausgearbeitet. Damit soll innerpädagogischen Vorurteilen gegen "das Ökonomische" entgegengewirkt und die moderne Logik von Arbeits- und Produktionsverhältnissen quasi fachintern zugänglich werden. Folgende ökonomische Theoriekonstruktionen kommen hier zur Sprache:
- Handlungstheoretische Zugänge
- Institutionenökonomische Zugänge
- Systemtheoretische Zugänge
- Metaökonomische Zugänge
Im theoriegeschichtlichen Hauptteil der Untersuchung (Kap. 3) verdeutlicht der Autor, daß zwar in der Geschichte der Pädagogik Ökonomie von unterschiedlichen Vertretern der Allgemeinen Pädagogik berücksichtigt wurde, daß aber "das Ökonomische" oftmals einseitig bewertet und für die Selbstbeschreibungen pädagogischen Handelns als unzureichend abgetan wurde.
Bei Eduard Spranger stellt Johannes Bellmann beispielsweise heraus, daß Ökonomie nicht nur im unteren Bereich der Wertrangordnung verbleibe, sondern auch vormodern, d.h. in Hinblick auf wirtschaftliche Begrenzungsstrategien verstanden werde. Hingegen übersehe Spranger produktive Aspekte moderner Wachstumsökonomie. Darum stelle er undifferenziert technisch-ökonomische Rationalität dem lebendigen Menschen gegenüber. Ökonomische Rationalität ließe es aber durchaus zu, den Denkstil moderner pädagogischer Selbstbeschreibungen zu treffen, denn schließlich ginge es analog um die "Ermöglichung von Entwicklungschancen für nicht antizipierbare Zukünfte" (110).
Bei Theodor Litt zeigt J. B. auf, daß dessen Antinomie zwischen dem Bildungsideal der deutschen Klassik und der modernen Arbeitswelt nur eine selbsterzeugte ist, insofern Litt die schöpferische Dimension des Technik- und Arbeitsbegriffs überspringe. In diesem Zusammenhang wird zudem darauf hingewiesen, daß antiökonomische Abgrenzungstendenzen keineswegs ein Produkt neuhumanistischer Bildungstradition seien. Erst im Neukantianismus und mit der geisteswissenschaftlichen Pädagogik ließe sich die Intention einer Ausdifferenzierung in sich originärer Wirklichkeitsbereiche konstatieren.
In Auseinandersetzung mit Paul Natorp wendet der Autor sich gegen eine soziale Teleologie, die glaube, Ökonomie zum Zwecke der Menschenbildung auflösen zu können.
Auch der Versuch einer dialektischen Aufhebung des Gegensatzes von Allgemein- und Berufsbildung bei Herwig Blankertz wird der universal verstandenen ökonomischen Perspektive nicht gerecht. Arbeit stehe bei Blankertz im Kontext eines asketisch-christlichen Ideals, was eine kreativ-produktive Dimension vollständig überspringe. Unter Verweis auf Humbodt, aber auch auf Foucault beschreibt Bellmann Arbeit als Möglichkeit der Selbsthervorbringung des Menschen. In dieser Art von Produktivität ließe sich die eigentliche Analogie zwischen Bildung und moderner Ökonomie finden.
Die letzte Referenztheorie dieses Kapitels bildet die Praxeologie von Josef Derbolav. Hier wird noch einmal betont, daß ökonomische Praxis keine professionsspezifische gesellschaftliche Teilaufgabe darstellen könne, denn dies ließe sich weder über ein klassisches noch über ein modernes ökonomisches Paradigma begründen. Schon Adam Smith sei es um eine "commercial society" gegangen, deren universaler Bezugspunkt mit "wealth" beschrieben werden könne. Für Ökonomie und Pädagogik reiche aber die Intention, Armut und Not zu lindern, nicht mehr aus. In nachteleologischen Zeiten könne nicht mehr in "ein Gutes" überführt werden, hieße dies nun Wohlstand oder Mündigkeit. Entscheidend sei es vielmehr, Bedürfnisbefriedigung und Selbstgestaltung in Ökonomie und Pädagogik allererst zu ermöglichen.
Im Schlußteil (Kap. 4) werden "Relationierungsebenen" als mögliche Berührungspunkte zwischen pädagogischen und ökonomischen Handlungssphären zusammengefaßt und für den internen pädagogischen Diskurs weiterentwickelt. Beispielsweise wird von einer anthropologischen Kostendimension gesprochen, in dem Sinne, daß Verzichtsentscheidungen "als Kosten konkreter ‚Selbstbestimmung‘ betrachtet" (237) werden. Dabei wird als Analogie auf das Verhältnis von Kraft und Bildung bei Humboldt verwiesen. An solchen Stellen wird offensichtlich, daß in dieser Untersuchung metaphysische Denkformen durch metaökonomische ersetzt werden. Viele Autoren kommen in diesem Denkstil zur Sprache, z. B. Rorty, Foucault, Schleiermacher, Popper – vor allem aber John Dewey. Lernen sollte auf die (demokratische) Eröffnung neuer Handlungsmöglichkeiten – auch als generative Verpflichtung – abzielen. Unter dem Aspekt von Knappheit als Konkretisierung von Kontingenz soll innerhalb der Allgemeinen Pädagogik die Dimension eröffnet werden, "den Menschen als Wesen von ‚unbestimmter Gestalt‘ zu begreifen und seine Form des Zusammenlebens als ‚offene Gesellschaft‘"(261).
Johannes Bellmann hat eine sehr anspruchsvolle Arbeit verfaßt, die durch die interdisziplinäre Breite der Themenbereiche beeindruckt – aber auch zum Widerstreit der Art anregt, ob die Universalität der ökonomischen Perspektive nicht hermeneutisch zu weit geht.