EWR 14 (2015), Nr. 3 (Mai/Juni)

Mark Bray / Bob Adamson / Mark Mason (Hrsg.)
Comparative Education Research
Approaches and Methods
Hong Kong: Comparative Education Research Centre, The University of Hong Kong, and Dordrech 2014
(472 S.; ISBN 978-3-3190-5593-0; 139,09 EUR)
Comparative Education Research Mit „Comparative Education Research. Approaches and Methods“ legen Mark Bray, Bob Adamson und Mark Manson die überarbeitete Auflage eines international wahrgenommenen Werkes vor, das einen Überblick über die verschiedenen Zugänge und Methoden Vergleichender Erziehungswissenschaft liefert. Der Band enthält eine Reihe von Aufsätzen von Forschenden aus dem ostasiatischen Raum, wobei sich die präsentierten Überlegungen und Forschungsergebnisse nicht auf diese Region beschränken. Das Buch gliedert sich in drei Haupteile „Directions“, „Units of Comparison“ und „Conclusions“.

In der Einleitung wird ein Überblick über die Entwicklungen im Forschungsfeld der Vergleichenden Erziehungswissenschaft gegeben. Dabei werden einschlägige Überblickswerke von den Anfängen bis zur Gegenwart präsentiert, wie etwa von Bereday (1964) sowie Cowen und Kazamias (2009). Bereits hier wird die Vielzahl der Zugänge ersichtlich. Dementsprechend schließt sich die Beschreibung des Modells eines dreidimensionalen Würfels von Bray und Thomas [1] an, das die verschiedenen Dimensionen und Facetten komparativer Bildungsforschung zusammenbringt. Der Würfel ist als analytischer Rahmen zu verstehen, auf dessen einzelnen Seiten nach geographischen und lokalen Ebenen differenziert wird, vom Individuum bis hin zu Kontinenten, nach demographischen Bevölkerungsgruppen, wie religiöse Gruppen oder Altersgruppen sowie nach verschiedenen Aspekten von Bildung und Gesellschaft (z. B. Curricula, Unterrichtsmethoden, Bildungsfinanzierung, Arbeitsmarkt). Der Würfel dient als Analyserahmen und Ausgangspunkt des vorliegenden Sammelbandes, in den sich die einzelnen Beiträge des zweiten Teils einordnen lassen.

Mark Bray widmet sich im Teil I „Directions“ zunächst den verschiedenen Interessengruppen (z. B. Eltern, Politikern oder Wissenschaftlern) innerhalb der Vergleichenden Erziehungswissenschaft. Im zweiten Beitrag beschäftigt er sich – ausgehend von den Paradigmen und Theorien der Vergleichenden und Internationalen Erziehungswissenschaft – mit deren Verortung innerhalb der Erziehungswissenschaft und anderer Disziplinen, wie der Soziologie, den Politik- und den Wirtschaftswissenschaften und zeigt die interdisziplinäre Natur der Vergleichenden Erziehungswissenschaft auf. Im Rahmen des dritten Beitrags vergleicht Gregory P. Fairbrother qualitative und quantitative Studien zu sprachlichen Kompetenzen und arbeitet die Stärken und Schwächen der beiden empirischen Zugänge heraus.

Der zweite Teil liefert mit seinen nach Vergleichseinheiten gegliederten Einzelbeiträgen einen strukturierten Überblick über Gegenstände, Schwerpunkte und Forschung innerhalb der Vergleichenden Erziehungswissenschaft. Auf einige Beiträge wird im Folgenden eingegangen: Mit „Comparing Places“ gibt Maria Manzon ausgehend vom o. g. Würfel einen Einblick in die verschiedenen Ebenen (Weltregionen / Kontinente, Länder, Provinzen, Distrikte, Schulen, Klassen, Individuen), die für die Vergleichende Erziehungswissenschaft zu berücksichtigen sind und verweist auf die Notwendigkeit von Mehrebenenanalysen. Mark Bray und Kai Jiang zeigen in ihrer Auseinandersetzung mit „Comparing Systems“ auf, dass sowohl zwischen als auch innerhalb von Landesgrenzen Bildungssysteme nebeneinander existieren können und es insofern einer genauen Definition des Analysegegenstands „System“ bedarf. Das Kapitel „Comparing Race, Class and Gender“ ist die wesentlichste Neuerung der überarbeiteten Auflage. Liz Jackson widmet sich hier den Schwierigkeiten, die mit diesen Kategorisierungen einhergehen. Diese ergeben sich z. B. daraus, dass soziale Kategorien komplex zusammenwirken und deren Bedeutungen je nach Kontext variieren. Die Autorin plädiert daher dafür, die jeweiligen Gruppen als heterogen zu verstehen. Ausgehend von einer Literaturstudie strukturieren Wing On Lee und Maria Manzon Studien auf dem Gebiet „Comparing Values“ und zeigen deren Gewinn für das Forschungsfeld sowie die Vielfalt methodologischer Zugänge auf. Die Studien bereichern die Vergleichende Erziehungswissenschaft, indem sie z. B. das komplexe Zusammenspiel zwischen Werten und Bildung und die Interaktion zwischen globalen und lokalen Werten aufzeigen. Im Kapitel „Comparing Ways of Learning“ präsentieren David A. Watkins und Jan van Aalst Befunde quantitativer und qualitativer Vergleichsstudien. Die Autoren stellen pointiert heraus, dass sich die ostasiatischen Konzepte von Lehren und Lernen von westlichen Konzepten unterscheiden und dies Auswirkungen auf die Vergleichbarkeit von Messinstrumenten haben kann. Dieser hier angesprochenen Problematik, die bereits in den 1980er Jahren thematisiert wurde [vgl. 2], kommt aktuell in der vergleichenden Bildungsforschung große Bedeutung zu [z. B. 3]. Schließlich präsentieren Frederick K.S. Leung und Kyungmee Park in „Comparing Educational Achievements“ unterschiedliche Möglichkeiten zur Realisierung von nationalen und internationalen Vergleichsstudien anhand von Beispielen. Es wird auf die Schwierigkeit der Entwicklung von Messinstrumenten verwiesen und die Notwendigkeit der Erhebung von Faktoren betont, die Leistungsunterschiede zwischen Schülern, Schulen, Regionen und Ländern erklären können.

Im Teil III „Conclusions“ greifen die Herausgeber einige Inhalte der vorherigen Kapitel auf und besprechen verschiedene Ausprägungen des Vergleichs anhand von im Buch zitierten Studien mit jeweils unterschiedlichen Analyseeinheiten, wie dem Vergleich von zwei administrativen Einheiten innerhalb von Ländern bis hin zu Large-Scale-Studien. Anschließend werden einzelne Kapitel in den in der Einleitung vorgestellten analytischen Rahmen, den dreidimensionalen Würfel von Bray und Thomas, eingeordnet, um schließlich die wichtige Rolle erkenntnistheoretischer Überlegungen darzulegen. Diese sind entscheidend für die zu berücksichtigenden Dimensionen, die Wahl der Analyseeinheiten und die Wahl der Methoden.

Der Band liefert eine gelungene Zusammenstellung unterschiedlicher Zugänge, Vorgehensweisen und Gegenstände der Vergleichenden Erziehungswissenschaft. Deutlich wird, dass Vergleichende Erziehungswissenschaft nicht ohne umfassende Kenntnisse der Gegebenheiten und Rahmenbedingungen sowie Mechanismen auf den Ebenen und in den Dimensionen auskommt, die nicht im direkten Fokus der Analyse stehen. Insgesamt zeigt sich somit, dass komparative Forschung stets auch eine multidimensionale und holistische Sichtweise erfordert, um Ausprägungen von Phänomenen nachvollziehen zu können. Das Buch sensibilisiert für die verschiedenen Aspekte, die bei vergleichender Bildungsforschung mitgedacht werden müssen. Es stellt damit nicht nur eine Bereicherung für das Forschungsfeld und für die verschiedenen Akteure der Vergleichenden Erziehungswissenschaft dar, sondern es bietet für einen thematischen Einstieg einen Überblick über Zugänge, Denkansätze und Vorgehensweisen im Feld der komparativen Bildungsforschung.

[1] Bray, M. / Thomas, R. M.: Levels of comparison in educational studies: Different insights from different literatures and the value of multilevel analyses. Harvard Educational Review, 65(3) 1995, 472–490.
[2] Berry, J. W.: Imposed Emics – Derived Etics: The Operationalisation of a Compelling Idea. International Journal of Psychology, 24 (6) 1989, 721–735.
[3] Nagengast, B. / Marsh, H.W.: Motivation and engagement in science around the globe: Testing measurement invariance with multigroup structural equation models across 57 countries using PISA 2006. In: Rutkowski, L. / von Davier, M. / Rutkowski, D. (Eds.): Analysis of International Large-Scale Assessment Data. New York: Taylor & Francis 2014.
Christin Laschke (Berlin)
Zur Zitierweise der Rezension:
Christin Laschke: Rezension von: Bray, Mark / Adamson, Bob / Mason, Mark (Hg.): Comparative Education Research, Approaches and Methods. Hong Kong: Comparative Education Research Centre, The University of Hong Kong, and Dordrech 2014. In: EWR 14 (2015), Nr. 3 (Veröffentlicht am 11.06.2015), URL: http://www.klinkhardt.de/ewr/978331905593.html