EWR 16 (2017), Nr. 2 (März/April)

Kristin Behnke
Umgang mit Feedback im Kontext Schule
Erkenntnisse aus Analysen der externen Evaluation und des Referendariats
Wiesbaden: Springer 2016
(283 S.; ISBN 978-3-658-10222-7; 34,99 EUR)
Umgang mit Feedback im Kontext Schule Das zu besprechende Buch ist eine deutlich gekürzte Fassung der Dissertation von Kristin Behnke, die in Gänze digital veröffentlicht wurde. Während der Titel zunächst erwarten lässt, dass der Umgang unterschiedlicher Akteurinnen und Akteure mit Feedback im schulischen Bereich fokussiert wird, weist der Untertitel auf den eigentlichen Fokus hin: Behnkes Analysen werten Befragungen von Referendarinnen und Referendaren sowie von nordrhein-westfälischen Schulleitungen zu ihrem jeweiligen Umgang mit Feedback aus. Dabei setzt Behnke im Vorwort voraus, dass mit Feedback ein „grundsätzlich hilfreiches, konstruktives und realitätsangemessenes Feedback“ gemeint sei.

Nach der Einleitung widmet sich Behnke sehr ausführlich dem Forschungsstand zu Feedback im Allgemeinen, zum Umgang mit Feedback von Referendarinnen und Referendaren sowie von Schulleitungen im Speziellen und darüber hinaus psychologischen Ansätzen zur Erklärung des Umgangs mit Feedback. Nach Behnkes Lesart stellt die rational-emotive Verhaltenstherapie nach Albert Ellis eine Meta-Theorie für die vorher dargestellten psychologischen Theorien dar.

Behnkes Forschungsinteresse ist darauf ausgerichtet, den Umgang mit empfangenem Feedback zu ermitteln sowie Faktoren zu identifizieren, die zu einem positiven oder einem negativen bzw. ablehnenden Umgang mit Feedback führen. Dazu befragte sie einerseits Referendarinnen und Referendare und andererseits Schulleitungen in jeweils einer Teilstudie. Die Untersuchung dieser beiden unterschiedlichen Personengruppen begründet die Autorin über deren Gemeinsamkeiten, da erstens beide „zum Kontext der Institution Schule“ (139) gehören, zweitens beide Gruppen „Feedback auf eine besondere Art und Weise“ (139) erhalten – einmal im Rahmen der zweiten Phase der nordrhein-westfälischen Lehrerbildung und einmal durch die externe Evaluation im Rahmen der Qualitätsanalyse in Nordrhein-Westfahlen – und da schließlich drittens beide „die Berufsgruppe des Lehrers beziehungsweise der Lehrerin“(140) repräsentieren.

Zur Beantwortung ihrer auf die Zeit des Referendariats bezogenen Fragestellung erhob die Autorin mithilfe eines Fragebogens die Einstellung zu Feedback, die Bewertung von und den Umgang mit Feedback sowie Persönlichkeitsmerkmale bei 116 Referendarinnen und Referendaren eines Abschlussjahrgangs. Während der quantitative Teil des Fragebogens in Form der Items nicht abgedruckt wurde, sind die offenen Fragen Teil dieser Veröffentlichung. Der Grund für diese Akzentuierung mag darin liegen, dass derlei offene Fragen für ein quantitatives Erhebungsinstrument durchaus überraschend sind. So wird denn auch – zumindest aus Sicht der Rezensentin – der Mehrwert der offenen Fragen nicht immer deutlich und einige von ihnen hätten Items im quantitativen Abschnitt des Fragebogens sein können. Präsentiert werden aus den Items gebildete Skalen. Mithilfe von Korrelationsanalysen werden signifikante Ergebnisse der Befragung analysiert, welche hier nur auszugsweise angeführt werden. Befragte, die einen ungünstigeren Umgang mit negativem Feedback als der Mittelwert der Stichprobe angeben, bewerten das Feedback ihrer Ausbilder schlechter, nutzen es weniger und haben ein geringeres Kontrollerleben. Jene Referendare sind dabei deutlich schlechter benotet als ihre Kollegen und jene weiblichen Befragten emotional weniger stabil als ihre Kolleginnen. Die Auswertung der offenen Fragen erfolgt durch die Präsentation von Kategorien und deren Häufigkeit. Zentrale Befunde der Studie sind die überwiegend positive Einstellung der Befragten zu Feedback und ein Zusammenhang zwischen der Benotung der Befragten und ihrem Umgang mit negativem Feedback. So zeigen gut bis sehr gut benotete Referendarinnen und Referendare einen positiveren Umgang mit Feedback als solche mit schlechteren Noten.

Die zweite Teilstudie widmet sich dem Umgang von Schulleitungen mit Feedback, das sie bzw. ihre Schulen im Rahmen des Verfahrens der Qualitätsanalyse in Nordrhein-Westfahlen erhalten. Dafür führte Behnke mit 20 Schulleitungen nach der Durchführung der Qualitätsanalyse an deren Schulen leitfadengestützte Interviews durch. Das Vorgehen bei der Datenerhebung wird auf prozesshafter Ebene beschrieben. Wenngleich der Interviewleitfaden nicht abgedruckt ist, wird er immerhin beschrieben. Bei der Auswertung lehnt Behnke ihr Vorgehen an die Grounded Theory an. Die gewählten Kategorien werden in der folgenden Auswertung mehrheitlich mit Ankerbeispielen belegt. Neben einer deskriptiven Analyse der Interviews werden quantitative Auswertungen in Form von Mittelwertvergleichen zwischen verschiedenen Kategorien vorgenommen. An die Auswertung der Interviews schließen eine Ergebnisdiskussion und die Darstellung von Implikationen der Teilstudie an. Die Autorin schlägt u.a. die Unterstützung der Schulen bei der Vorbereitung der einzureichenden Unterlagen sowie die Erhöhung der Trennschärfe der Schulbewertungen vor. Zentrales Ergebnis der Teilstudie zu den Schulleitungen ist – ganz ähnlich wie bei der ersten Teilstudie –, dass die Akzeptanz des und der Umgang mit Feedback mit der jeweiligen Bewertung der Schule zusammenhängen.

Auf die Darstellung der beiden Teilstudien folgen eine Zusammenfassung und Diskussion der wichtigsten Befunde sowie Implikationen aus beiden Studien: Neben der Bedeutung der Benotung bzw. Bewertung hat Behnke sowohl für Referendarinnen und Referendare als auch Schulleitungsmitglieder einen großen Einfluss der Feedback erteilenden Person für den Umgang mit dem erhaltenen Feedback festgestellt. Weiterhin konnte sie zeigen, dass ein hohes Kontrollerleben eine positive Auswirkung auf den Umgang mit Feedback hat. Behnke hebt auch die Einhaltung von Feedbackkriterien, wie beispielsweise „eine Mischung … aus positiven und negativen Aspekten“ (235), und deren wissenschaftliche Fundierung als wesentlich für die Akzeptanz von Feedback hervor.

Die Ergebnisse der Studien werden abschließend in einem Fazit verdichtet, in dem die rational-emotive Verhaltenstherapie zur Förderung der Feedbackakzeptanz und -nutzung im Schulkontext erneut angeführt wird.

Wenn ich als Rezensentin das Buch insgesamt in den Blick nehme, so kommen mir einige kritische Aspekte in den Sinn, die mir bei der Lektüre durch den Kopf gingen. Bezüglich der Bezugnahme auf die rational-emotive Verhaltenstherapie als Meta-Theorie sowie den vorangestellten einzelnen Theorien bleibt offen, warum gerade diese als relevant angesehen werden. Hinsichtlich der Vergleichbarkeit von Personen im Referendariat mit Schulleitungsmitgliedern werden Argumente, die eher gegen eine solche Vergleichbarkeit sprechen, etwa unterschiedlich institutionalisierte Formen von Feedback und die unterschiedlichen Feedback erteilenden Instanzen, kaum diskutiert. Die Kategorienbildung in der ersten Teilstudie hätte aus meiner Sicht noch weitergehend begründet werden können. Methodisch ließe sich zur zweiten Teilstudie fragen, inwiefern die Einholung von Einschätzungen auf Skalenbasis mit dem Erhebungsinstrument „Leitfaden(interview)“ dem Erkenntnisinteresse zuträglich war. Außerdem erscheint es bei einer Stichprobengröße von 20 und sogar kleineren Fallzahlen in den Kategorien sowie hohen Standardabweichungen fraglich, inwiefern eine quantitative Auswertung Sinn hat. Mich erstaunt außerdem die Erklärung der Abweichungen der in der zweiten Teilstudie berechneten Einstellungen zur Qualitätsanalyse von den durch die Schulleitungen angegebenen Einstellungen: „Dieser Effekt kommt möglicherweise zustande, da sich die Schulleiter/innen nicht immer an ihre Einstellung vor der QA erinnerten“ (255).

Die angeführten kritischen Überlegungen sollen das, was das Buch an Erkenntnissen hervorbringt, nicht schmälern, denn Kristin Behnke kommt durchaus zu einer Beantwortung der allgemein gestellten Forschungsfrage nach dem Umgang mit Feedback bei Referendarinnen und Referendaren sowie Schulleitungen. Laut Vorwort richtet sich das Buch zugleich an Praktikerinnen und Praktiker wie auch an Theoretikerinnen und Theoretiker im schulischen Kontext. Es will Studierenden, Referendarinnen und Referendaren, Fachleitungen sowie Schulleitungen eine umfassende Information zum Thema Feedback geben. Es bleibt abzuwarten, inwiefern und in welchem Umfang die genannten Personengruppen auf die Erkenntnisse Behnkes zurückgreifen werden. Interessant dürfte das Buch vor allem für Feedbackgeberinnen und -geber im Kontext des Referendariats und der Schulinspektion sein.
Heike Wehage (Braunschweig)
Zur Zitierweise der Rezension:
Heike Wehage: Rezension von: Behnke, Kristin: Umgang mit Feedback im Kontext Schule, Erkenntnisse aus Analysen der externen Evaluation und des Referendariats. Wiesbaden: Springer 2016. In: EWR 16 (2017), Nr. 2 (Veröffentlicht am 28.03.2017), URL: http://www.klinkhardt.de/ewr/978365810222.html