EWR 10 (2011), Nr. 4 (Juli/August)

Monika Pfaller-Rott
Migrationsspezifische Elternarbeit beim Transitionsprozess vom Elementar- zum Primarbereich
Eine explorative Studie an ausgewählten Kindertagesstätten und Grundschulen mit hohem Migrationsanteil
Berlin: wvb Wissenschaftlicher Verlag 2010
(405 S.; ISBN 978-3-8657-3531-7; 54,00 EUR)
Migrationsspezifische Elternarbeit beim Transitionsprozess vom Elementar- zum Primarbereich Zu einem besonderen Ereignis im Leben eines Kindes gehört der Eintritt in die Schule. Schon Wochen vorher wird die Wichtigkeit dieses Ereignisses allen Beteiligten deutlich spürbar – dem Kind sowie seinen Eltern und Pädagogen. Dieser „Transitionsprozess“ findet als wichtiger Meilenstein für die weitere Bildungsbiographie der Kinder inzwischen seine berechtigte pädagogische Anerkennung. Entsprechend existieren gesetzliche Vorgaben und pädagogische Ansätze mit dem Ziel, die Anschlussfähigkeit von Elementar- und Primarbereich zu verbessern.

Die vorliegende Studie widmet sich diesem entscheidenden Prozess unter dem besonderen Fokus der migrationsspezifischen Elternarbeit und richtet sich vor allem an Erzieher und Grundschullehrer (19). Ziel der Studie ist es, diesen Prozess des Übergangs für Kinder zu optimieren und eine bedürfnisgerechte Unterstützung mit und für Eltern zu entwickeln (19). Zu diesem Zweck befragt die Autorin 308 Eltern per Fragebogen an drei Grundschulen sowie 14 Kindertagesstätten, die einen sehr hohen Migrationsanteil aufweisen (23). Die Autorin möchte mit ihrer Studie zudem „konkrete Hilfestellungen für die Praxis formulieren und somit eine Brücke zwischen Elementar-, Primarpädagogen und Eltern im Transitionsprozess schlagen“ (20).

Die Publikation gliedert sich in einen theoretischen und einen empirischen Teil und umfasst insgesamt sechs Kapitel. Der theoretische Teil umfasst hierbei fünf Kapitel und stellt eine vertiefte Auseinandersetzung mit den theoretischen und praktischen Grundlagen der Forschungsarbeit dar (20).

So beginnt die Arbeit mit allgemeinen theoretischen Überlegungen zu Migration (23-58). Dies geschieht zunächst lose aneinandergereiht und erfährt im anschließenden Kapitel die historische Verknüpfung zur Migrationsbewegung in Deutschland. Die Autorin fasst hier kurz und präzise die Geschichte der Zuwanderung nach Deutschland zusammen und zeigt ihre Konsequenzen für die pädagogische Praxis auf. Die bisherigen Konzepte interkultureller Elternarbeit werden anschließend erörtert (44ff) und die spezifische Situation von Eltern mit Migrationshintergrund in unserer Gesellschaft dargestellt.

Im zweiten Kapitel geht die Autorin auf den Transitionsprozess ein. Analog zum ersten Kapitel werden zunächst die unterschiedlichen Fachtermini angeführt und ihr Diskurs in der Fachwelt dargestellt, um dann die geschichtliche Entwicklung der pädagogischen Bemühungen im Transitionsprozess aufzuzeigen. Anhand der Vorstellung unterschiedlicher Theorien legt die Autorin die Basis für ein Verständnis des kindlichen Bewältigungsprozesses im Transitionsprozess. Erläutert werden die ökopsychologische Systemtheorie, das kontextuelle Systemmodell, Stresstheorie, entwicklungspsychologischer Ansatz der Lebensspanne sowie die Theorie der kritischen Lebensereignisse (70ff).

Im anschließenden Kapitel beschreibt die Autorin ausführlich den Transitionsansatz, der das aktuelle Verständnis von Transition in Fachkreisen widerspiegelt (79) und für die Autorin das „Fundament“ (21) ihrer Arbeit darstellt. Anschließend geht die Autorin auf die unterschiedlichen Merkmale von Transition ein (81ff) und zeigt die verschiedenen Ebenen der Bewältigung von Übergängen auf (86ff). Eine Darstellung des Zusammenhangs zwischen theoretischem und empirischem Teil im Hinblick auf dieses Transitionsmodell bleibt jedoch offen. Am Ende des Kapitels widmet die Autorin diesem Transitionsmodell „zusammenfassende Gedanken“ (96), indem sie die verschiedenen Diskussionen und historischen Verläufe knapp umreißt. Im Rahmen eines Fundaments erscheinen diese Ausführungen jedoch sehr knapp.

Die Autorin geht anschließend auf die Kooperation zwischen Familien mit Migrationshintergrund und den jeweiligen Institutionen ein und führt hier einige theoretische Aspekte auf, wie z. B. die Entwicklung von der „Elternarbeit“ zur „Bildungs- und Erziehungspartnerschaft“. Die Weiterentwicklung von Kindertageseinrichtungen hin zu Familienzentren, die konzeptuell viele Veränderungen im Rahmen der Elternarbeit umfassen, bleibt in ihren Ausführungen weitgehend unberücksichtigt. So wirkt ihr Fazit verkürzt. Die von der Autorin geforderte Schaffung von veränderten Rahmenbedingungen und strukturellen Veränderungen im Hinblick auf eine Verbesserung der Partizipationsmöglichkeit von Eltern mit Migrationshintergrund (125) wäre weiterführend auch für Familienzentren zu diskutieren.

Das vierte Kapitel widmet sich der institutionenübergreifenden Kooperation zwischen Elementar- und Primarpädagogen, und betrachtet diese in der weiteren Verbindung mit den Eltern als eine „Kooperations-Triangulation“ (138).

Der theoretische Teil der Studie schließt mit einer Vorstellung des nationalen und internationalen Forschungsstandes zu ausgewählten Forschungsergebnissen aus dem Bereich der Transition vom Elementar- zum Primarbereich.

Zusammenfassend lässt sich der theoretische Teil dieser Publikation als eine Zusammenführung themenrelevanter Bausteine beschreiben, die für sich genommen fundierte Ansätze zeigen. Im Gesamtbild gehen erarbeitete Argumentationslinien, die für eine spezifische Elternarbeit mit dieser Zielgruppe sprechen, jedoch verloren. Die Autorin vernachlässigt es zudem, die einzelnen Aspekte griffig und ansprechend aufzubereiten und eine durchgehende theoretische Fundierung ihrer Argumentation aufzubauen.

Der empirische Teil besteht im Vergleich zum theoretischen zwar nur aus einem Kapitel, das mit über 120 Seiten jedoch sehr ausführlich ausfällt. Die ausführliche Darlegung der empirischen Vorgehensweise ist sicherlich der Belegbarkeit des Erkenntnisgewinns der Studie, die zugleich als Dissertation eingereicht wurde, geschuldet. Dennoch könnten hier einige Ausführungen kürzer abgehandelt werden. So werden allein Überlegungen zur Gestaltung des soziodemographischen Teils der Befragung auf mehreren Seiten erörtert, auch der Fragebogen, welcher ohnehin im Anhang aufgeführt wird, erfährt eine Beschreibung auf 10 Seiten. Es folgen ausgewählte deskriptive Darstellungen der Ergebnisse nach Frageblöcken, welche anhand von Tabellen und graphischen Abbildungen dokumentiert werden.

Die Ergebnisse der Untersuchung münden in das siebte und letzte Kapitel der Publikation, welches mit „abschließenden Gedanken“ bezüglich migrationsspezifischer Elternarbeit betitelt ist. Auf wenigen Seiten führt die Autorin Folgerungen im Hinblick auf die Studie (293) für eine institutionenübergeifende Partnerschaft (299) auf. Im Hinblick auf die eingangs dargestellten Ziele der Studie, Anregungen für die Praxis zu bieten und eine Brücke zwischen Elementar-, Primarpädagogen und Eltern im Transitionsprozess zu schlagen, fällt die Ergebnisdarstellung sowohl in ihrer Darstellung als auch in ihrem Erkenntnisgewinn kurz aus.

Die Publikation weckt mit ihrer Zielsetzung die Erwartung, auf Grundlage einer Studie eine Handlungsempfehlung, einen Kriterienkatalog oder aber Eckpunkte für eine gelingende migrationsspezifische Elternarbeit beim Transitionsprozess vom Elementar- zum Primarbereich aufzuzeigen. Diese Erwartungen bleiben weitgehend unerfüllt. Es fehlt dieser Publikation im theoretischen als auch im empirischen Teil eine durchgehende Anknüpfung an die eigentliche Fragestellung. So ist der Zugewinn dieser Arbeit leider streckenweise gering. Die Autorin greift ein hoch interessantes Thema auf. Auch wenn sie einige interessante Befunde liefert, hätte man sich - insbesondere für die Praxis - einen größeren Gebrauchswert gewünscht.
Sonja Howe (Bremen)
Zur Zitierweise der Rezension:
Sonja Howe: Rezension von: Pfaller-Rott, Monika: Migrationsspezifische Elternarbeit beim Transitionsprozess vom Elementar- zum Primarbereich, Eine explorative Studie an ausgewählten Kindertagesstätten und Grundschulen mit hohem Migrationsanteil. Berlin: wvb Wissenschaftlicher Verlag 2010. In: EWR 10 (2011), Nr. 4 (Veröffentlicht am 30.08.2011), URL: http://www.klinkhardt.de/ewr/978386573531.html