EWR 13 (2014), Nr. 3 (Mai/Juni)

Sammelrezension zum Thema Interkulturelle PĂ€dagogik

Alfred Holzbrecher (Hrsg.)
Interkulturelle Schule
Eine Entwicklungsaufgabe
Schwalbach a. T.: Debus PĂ€dagogik Verlag 2013
(416 S.; ISBN 978-3-9541401-3-8; 39,80 EUR)
Regine Hartung / Katty Nöllenburg / Özlem Deveci (Hrsg.)
Interkulturelles Lernen
Ein Praxisbuch
Schwalbach a. T.: Debus PĂ€dagogik Verlag 2013
(208 S.; ISBN 978-3-9541400-4-6; 24,80 EUR)
Yasemin Karakaşoğlu / Mirja Gruhn / Anna Wojciechowicz
Interkulturelle Schulentwicklung unter der Lupe
(Inter-)Nationale Impulse und Herausforderungen fĂŒr Steuerungsstrategien am Beispiel Bremen
MĂŒnster: Waxmann 2011
(340 S.; ISBN 978-3-8309-2567-5; 34,90 EUR)
Interkulturelle Schule Interkulturelles Lernen Interkulturelle Schulentwicklung unter der Lupe Unter dem Eindruck der Ergebnisse einschlĂ€giger Schulleistungsstudien und anschließender medialer und politischer Diskussionen ist der schulische Umgang mit migrationsgesellschaftlichen RealitĂ€ten wie Mehrsprachigkeit, kulturelle und religiöse DiversitĂ€t, aber auch mit (institutioneller) Diskriminierung zu einem wichtigen Thema in der Lehrerbildung geworden. Mit den von Alfred Holzbrecher (2013), Regine Hartung, Katty Nöllenburg und Özlem Devici (2013) sowie von Yasemin Karakaşoğlu, Mirja Gruhn und Anna Wojciechowicz (2011) vorgelegten BĂ€nden liegen drei Publikationen vor, die sich im weiteren Sinne mit der Interkulturellen Öffnung von Schule befassen. Dabei legen sie unterschiedliche Schwerpunkte und blicken aus unterschiedlichen Perspektiven auf das Thema.

(I) Interkulturelle Schule

Der von Alfred Holzbrecher herausgegebene Sammelband mit dem Titel „Interkulturelle Schule“ erscheint 2013 in zweiter, unverĂ€nderter Auflage. Holzbrecher will „InterkulturalitĂ€t als wesentliche Perspektive der Entwicklung von LehrerprofessionalitĂ€t begrĂŒnden“ (11). Was genau dabei unter ‚InterkulturalitĂ€t‘ verstanden wird, bleibt an dieser Stelle offen. Die im Buch versammelten BeitrĂ€ge reprĂ€sentieren heterogene VerstĂ€ndnisse von InterkulturalitĂ€t, die sowohl globales Lernen als auch den pĂ€dagogischen Umgang mit migrationsbedingter HeterogenitĂ€t umfassen.

Besonders in den vom Herausgeber selbst verfassten BeitrĂ€gen – Holzbrecher fungiert in immerhin elf von 17 Kapiteln als Autor oder Ko-Autor – wird eine dezidiert subjektorientierte Perspektive eingenommen. Die im Titel des Buches benannte „Entwicklungsaufgabe“ „Interkulturelle Schule“ ist vor diesem Hintergrund vor allem als Arbeit an der persönlichen und beruflichen Entwicklung der Lehrpersonen zu verorten. Die institutionellen Aspekte Interkulturelle(r) Schule(ntwicklung) treten dahinter zurĂŒck.

Das Buch ist in vier Teile unterteilt. Im ersten Teil stellt Holzbrecher SchlĂŒsselbegriffe bzw. SchlĂŒsselthemen Interkultureller Bildung vor. Er selbst bezeichnet sie als „fĂŒr das VerstĂ€ndnis des ‚interkulturellen Feldes‘ bedeutsame WissensbestĂ€nde und Forschungsergebnisse“ (vgl. 11). Sicherlich sind die im Folgenden unter den Überschriften Globalisierung, Werte, BĂŒrgerGesellschaft, DiversitĂ€t der Lebenswelten, Kommunikation und Sprache sowie Bilder vom Fremden skizzierten Forschungsfragen und -ergebnisse relevant fĂŒr Fragen von Bildung in der Migrationsgesellschaft. Auch lesen die von verschiedenen Autorinnen und Autoren verfassten Texte sich interessant. Es fehlt jedoch eine BegrĂŒndung fĂŒr die Auswahl und Zusammenstellung gerade dieser SchlĂŒsselbegriffe (und nicht etwa anderer, wie Rassismus, Diskriminierung oder IntersektionalitĂ€t – um nur ein paar Beispiele weiterer, fĂŒr das ‚interkulturelle Feld‘ bedeutsamer SchlĂŒsselbegriffe zu nennen). Trotz dieser Kritik am Aufbau des ersten Teils können die Texte – auch in dieser etwas unsystematisch scheinenden Zusammenstellung – zum Nachdenken ĂŒber PrĂ€missen, Grenzen und blinde Flecken der Interkulturellen Erziehungswissenschaft anregen.

Nach diesen grundlegenden Bestimmungen nimmt Holzbrecher die Ebene des Unterrichts in den Blick. InterkulturalitĂ€t wird sowohl als Prinzip einer allgemeinen Didaktik, als auch als Unterrichtsgegenstand dargestellt. Dies ist eine sinnvolle Unterscheidung, da so Methoden, die auf den ressourcenorientierten Umgang mit DiversitĂ€t zielen, von Unterrichtsinhalten mit interkultureller Ausrichtung getrennt werden können. Als besonderer Ort interkultureller Begegnungen wird im letzten Unterkapitel der SchĂŒleraustausch vorgestellt. Holzbrecher nennt Bedingungen, unter denen im SchĂŒleraustausch nachhaltig interkulturell gelernt werden könne: critical incidents werden hier als Lerngelegenheit benannt. AusfĂŒhrlicher kommt Holzbrecher auf den Ansatz critical incidents in Kapitel 4 zurĂŒck.

Zuvor nimmt er in Kapitel 3 unter der Ko-Autorinnenschaft von Patricia Baquero Torres Schule als Organisation in den Blick. Den Ganztag sieht er als notwendige Bedingung fĂŒr eine „wertschĂ€tzende Lernkultur“ (236), die ihrerseits Voraussetzung fĂŒr die Interkulturelle Öffnung von Schule „nach außen und innen“ sei (235 ff.). In diesem Kapitel benennen Baquero Torres und Holzbrecher strukturelle VerĂ€nderungen, die fĂŒr eine „Schule der Anerkennung“ nötig sind (241), sie thematisieren Rassismus als strukturelles Problem und gehen im abschließenden Kapitel (Alfred Holzbrecher und Kuno Rinke) auf die These der Institutionellen Diskriminierung ein. Mit knapp 50 Seiten ist dies das kĂŒrzeste Kapitel der Publikation – wenngleich ein sehr zentrales. Entsprechend bleibt die Darstellung von AnsĂ€tzen, wie Schule auf der strukturellen, organisatorischen Ebene verĂ€ndert und an migrationsgesellschaftliche RealitĂ€ten angepasst werden kann, recht oberflĂ€chlich.

Das letzte Kapitel des Buches schließlich thematisiert ausdrĂŒcklich die ProfessionalitĂ€t von Lehrerinnen und Lehrern. Holzbrecher verortet sich in der Forschung zu ProfessionalitĂ€t im Lehrerberuf, und betrachtet Lehrerbildung als biographisches Projekt. Damit richtet er subjektzentriert seinen Blick auf die Entwicklung pĂ€dagogischer ProfessionalitĂ€t des und der Einzelnen. Nach dem kurzen Referat von Forschungsbefunden zu Haltungen und Einstellungen von LehrkrĂ€ften gegenĂŒber SchĂŒlern mit Migrationshintergrund stellt Holzbrecher verschiedene „Entwicklungsfelder pĂ€dagogischer ProfessionalitĂ€t im interkulturellen Feld“ (303ff) vor.

Der Herausgeber des Bandes schlĂ€gt einen weiten Bogen von Interkultureller PĂ€dagogik, Bildung fĂŒr nachhaltige Entwicklung ĂŒber Allgemeine Didaktik, Institutionelle Bedingungen der Interkulturellen Öffnung von Schule bis hin zur LehrerprofessionalitĂ€tsforschung. Nicht ganz klar wird der Zusammenhang aller tangierten Bereiche – eine deutlichere LeserfĂŒhrung, etwa durch Zwischenfazits oder die explizite Formulierung von Fragestellungen hĂ€tten hier helfen können. Zudem fehlt eine klare Definition oder ErklĂ€rung des immer wieder gebrauchten Begriffs ‚InterkulturalitĂ€t‘. Es wird deutlich, dass fĂŒr Holzbrecher InterkulturalitĂ€t eng mit der Diagnose der zunehmenden Globalisierung zusammenhĂ€ngt und ĂŒber den Umgang mit HeterogenitĂ€t in der Schule der Migrationsgesellschaft hinausgeht. Der Begriff ‚InterkulturalitĂ€t‘ scheint jedoch formelhaft zur Be- oder Umschreibung von Verschiedenheit verwendet zu werden. Eine Auseinandersetzung mit Kritiken an diesem Begriff und damit einhergehenden Konzepten scheint hin und wieder zwar auf (etwa im Kapitel zu ‚Kultur‘, 29ff), wird jedoch nicht auf einer grundsĂ€tzlichen Ebene gefĂŒhrt.

(II) Interkulturelles Lernen

Die zweite rezensierte Publikation löst das ein, was im Untertitel angekĂŒndigt wird: Es ist „Ein Praxisbuch“. Als Buch „aus der interkulturellen Praxis“ – die meisten Autorinnen und Autorinnen sind als Lehrerinnen und Lehrer oder in anderen Bereichen pĂ€dagogischer Praxis tĂ€tig – „fĂŒr die interkulturelle Praxis“ (7) enthĂ€lt es in vielen, meist recht kurzen Texten sehr konkrete Erfahrungsberichte, Projektvorstellungen und Anregungen.

Die Herausgeberinnen gliedern ihre Publikation in sechs Kapitel. Im ersten Kapitel stellen sie einfĂŒhrend ihre „Grundhaltung zur Interkulturellen Bildung“ vor. Hier wird dem Anti-Bias Ansatz eine prominente Stellung zugewiesen und die in ihm vertretene, vorurteilsbewusste und -kritische Haltung als Grundlage fĂŒr „jede interkulturelle Arbeit“ formuliert (14 ff), bevor Ramses Michael Oueslati sich kritisch mit den Begrifflichkeiten inter-, trans-, multikulturell und den damit jeweils verbundenen Konzepten auseinandersetzt. In beiden Texte wird eine Verortung der Publikation innerhalb der Interkulturellen PĂ€dagogik vorgenommen, ohne dass es sich um im eigentlichen Sinne wissenschaftliche Texte handelt. Die Autorinnen und Autoren verzichten auf explizite BezĂŒge auf den Forschungsstand, weitgehend auf Literaturverweise und umfangreiche Literaturlisten. Es wird dennoch deutlich, dass kulturelle DiversitĂ€t (auch) als Produkt von Zuschreibungen begriffen wird und, dass ein Fokus des Bandes auf Diskriminierung liegt.

Das zweite Kapitel enthĂ€lt Erfahrungsberichte zum Interkulturellen Fachunterricht. WĂ€hrend die ersten Texte Reflexionsfragen und allgemeine Anregungen zur interkulturellen Öffnung des Unterrichts sowie exemplarische Darstellungen aus den FĂ€chern Religion und Musik beinhalten, liegt der Schwerpunkt des Kapitels auf dem „Interkulturellen Sprachunterricht“ (53ff). Die folgenden Texte thematisieren die Möglichkeit, Sprachunterricht durch den Einbezug von Literatur, die Migration thematisiert, wie Gedichte, Romane oder Biographien, interkulturell zu gestalten. Dies bedeutet in den meisten FĂ€llen, den Erfahrungen der (in der Regel ‚interkulturell‘ zusammengesetzten) SchĂŒlerschaft Raum zu geben und alle SchĂŒler zu Reflexionen eigener Werte und Überzeugungen anzuregen. Die Texte in diesem Kapitel sind kurz und mit Ausnahme des ersten Textes als Praxis- und Erfahrungsberichte geschrieben. Als solche können sie Anregungen fĂŒr die eigene Unterrichtspraxis geben.

Im dritten Kapitel werden „Interkulturelle Projekte“ (93ff) vorgestellt, die an verschiedenen Schulen durchgefĂŒhrt wurden und werden. Dies sind Interkulturelle Kompetenztrainings ebenso wie Projekte, die nicht primĂ€r InterkulturalitĂ€t fokussieren, sondern SchĂŒlerinnen und SchĂŒler zur VerantwortungsĂŒbernahme anleiten, Teilhabe ermöglichen und ihnen helfen, ihr Verhaltensrepertoire zu erweitern. Einen Schwerpunkt legen die Herausgeberinnen des Buches auf die Zusammenarbeit mit Eltern, der sie ein ganzes Kapitel widmen. Auch hier nehmen neben grundsĂ€tzlichen Überlegungen zur Bedeutung von Elternbeteiligung Berichte aus der Praxis den grĂ¶ĂŸten Stellenwert ein. Neben einem ElterncafĂ© und einem MĂŒttersprachkurs werden Erfahrungen aus der Interkulturellen VĂ€terarbeit vorgestellt – einem Bereich, der auch von der erziehungswissenschaftlichen Forschung erst langsam entdeckt wird.

Im letzten inhaltlichen Kapitel des Buches werden Konzepte der Interkulturellen Öffnung von Schule vorgestellt. Verschiedene Schulen stellen ihre Arbeitsweisen oder Konzepte oder einzelne Schwerpunkte daraus vor, der Schwerpunkt liegt auf Maßnahmen, die auf die organisatorische Struktur zielen. Das Kapitel schließt mit einem kurzen Text, der unter der Überschrift „was kann ich selbst tun?“ sehr praxisorientiert neun konkrete RatschlĂ€ge fĂŒr den Interkulturellen Öffnungsprozess erteilt.

Den Anspruch, eine kritische und reflexive Perspektive auf Kultur einzunehmen und dabei eine praxisnahe Handreichung zu sein, löst das Buch grundsĂ€tzlich ein. Eine im engeren Sinne wissenschaftliche Publikation ist es nicht – dazu haben die einzelnen Texte zu sehr berichtenden Charakter, es fehlt die Kontextualisierung in erziehungswissenschaftliche Debatten. Wer jedoch good-practice Beispiele aus dem Bereich Interkultureller Schulentwicklung sucht, wird hier fĂŒndig.

(III) Interkulturelle Schulentwicklung unter der Lupe

Das dritte vorgestellte Buch trĂ€gt die Interkulturelle Schulentwicklung im Titel: „Interkulturelle Schulentwicklung unter der Lupe“ von Yasemin Karakaşoğlu, Mirja Gruhn und Anna Wojciechowicz basiert auf einem fĂŒr die Bremer Bildungsbehörde erstellten Gutachten zur Erstellung eines ‚Entwicklungsplans Bildung‘. Entsprechend wird im Buch immer wieder der Blick auf Bremen gerichtet. Dies tut der Reichweite der angestellten Analysen jedoch keinen Abbruch, sondern wirkt illustrativ und exemplarisch – das Beispiel Bremen ist dabei aus verschiedenen GrĂŒnden auch ĂŒber den Stadtstaat hinaus interessant.

Karakaşoğlu, Gruhn und Wojciechowicz legen in ihrer Publikation einen deutlichen Schwerpunkt auf die Struktur der Institution Schule und des Bildungssystems. Hinter ihren Überlegungen stehen die Diagnose der Bildungsbenachteiligung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und die Forderung nach Chancengleichheit. Normativ sprechen sich die Autorinnen dafĂŒr aus, dass Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund nicht als (vorĂŒbergehende) Ausnahme in Schulen und im Bildungssystem betrachtet werden dĂŒrften, sondern migrationsbedingte HeterogenitĂ€t als Teil schulischer NormalitĂ€t (an)erkannt werden mĂŒsse. Entsprechend mĂŒssten sich, so die Argumentation fĂŒr Interkulturelle Öffnung, Schule und Bildungssystem mit lebensweltlicher Mehrsprachigkeit, religiöser und kultureller DiversitĂ€t als regulĂ€ren Bedingungen, unter denen Bildung stattfindet, auseinandersetzen und zum Abbau von Bildungsbenachteiligung beitragen.

Nach einer knappen, aber aussagekrĂ€ftigen Begriffsbestimmung Interkultureller Schulentwicklung und einer Verortung des Konzepts innerhalb der historischen Entwicklung der Interkulturellen PĂ€dagogik nehmen Karakaşoğlu, Gruhn und Wojciechowicz eine Analyse offizieller Dokumente vor, in denen von politischer Seite Empfehlungen zur Implementierung Interkultureller Bildung und zum Umgang mit Migration und migrationsbedingter HeterogenitĂ€t formuliert werden. Bei dieser Analyse fĂ€llt der zentrale Stellenwert auf, der vor allem im deutschen Kontext ‚Sprache‘ beigemessen wird. Dagegen verwiesen, so konstatieren die Autorinnen, vor allem die internationalen Verlautbarungen auf „schulstrukturelle Reformnotwendigkeiten“.

Im dritten Kapitel stellen die Autorinnen Beispiele fĂŒr Projekte und Konzepte zur Interkulturellen Öffnung von Schule aus dem internationalen Kontext vor. Einige der Beispiele sind bereits an anderen Stelle intensiv beschrieben und sollten dem Fachpublikum bekannt sein (QUIMS, FÖRMIG), deshalb ist es positiv zu vermerken, dass die Autorinnen sich in der Darstellung kurz fassen. KernstĂŒck des Kapitels ist jedoch das letzte Unterkapitel, in dem die Autorinnen in enger Anlehnung an Mechtild Gomolla, Peter RĂŒesch und Stefan MĂ€chler „Parameter einer erfolgreichen Strategie Interkultureller Schulentwicklung“ vorstellen (76ff). Hier wird die fĂŒr das ganze Buch charakteristische Fokussierung von auf die Schulstruktur zielenden Maßnahmen sowie die zentrale Rolle, die soziale Ungleichheit und Diskriminierung als Kontextbedingungen fĂŒr Interkulturelle Schulentwicklung spielen, noch einmal deutlich.

Nach einer Darstellung der „Bildungspolitischen Grundlagen fĂŒr die interkulturelle Öffnung des Bremer Schulsystems“ im vierten Kapitel (80ff), wenden sich die Autorinnen im fĂŒnften Kapitel ausfĂŒhrlich „Zentralen Handlungsfeldern interkultureller Schul- und Unterrichtsentwicklung“ zu (94ff). Schon aufgrund des Umfangs von 200 Seiten ist dieses Kapitel als das HerzstĂŒck des Buches zu bezeichnen. Durch alle acht Handlungsfelder zieht sich ‚Sprache‘ als wichtige, beachtenswerte Dimension. Sprachliche Bildung als Element aller FĂ€cher („DurchgĂ€ngige Sprachförderung“, 126ff), und der Umgang mit Herkunftssprachen und Mehrsprachigkeit werden als eigene Handlungsfelder identifiziert – damit schließen Karakaşoğlu, Gruhn und Wojciechowicz an Ergebnisse vor allem des BLK Modellprogramms FÖRMIG an. Dieser Anschluss zeigt sich auch im Exkurs zu „Zweitspracherwerb, konzeptioneller Schriftlichkeit und Schulerfolg“ (98ff).

Das umfangreiche fĂŒnfte Kapitel der Publikation fokussiert stark auf Bremen – fĂŒr jedes Handlungsfeld werden die Ausgangslage in Bremen sowie Handlungsempfehlungen fĂŒr das Bundesland formuliert. DarĂŒber hinaus werden jedem Unterkapitel eine Darstellung des Forschungsstandes und sowie Beispiele aus anderen BundeslĂ€ndern vorangestellt.

Das Buch „Interkulturelle Schulentwicklung unter der Lupe“ ist eine informative und umfassende Handreichung fĂŒr Leserinnen und Leser sowohl in Wissenschaft und Forschung als auch an der Schnittstelle von Forschung und Praxis. Mit der Konzeptentwicklung befassten Personen kann es Anregungen geben, fĂŒr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stellt es ĂŒbersichtliche ForschungsstĂ€nde zusammen. Die Schwerpunktlegung auf schulstrukturelle Maßnahmen, ebenso wie die eindeutige Formulierung des Ziels Chancengleichheit als normative Voraussetzung (Interkultureller) Schulentwicklung sowie die notwendigerweise vorangegangene Diagnose von Bildungsbenachteiligung bestimmter Gruppen von SchĂŒlern und Institutioneller Diskriminierung stellen StĂ€rken des Buches dar.

Die drei vorgestellten BĂŒcher befassen sich auf sehr unterschiedliche Weise mit Schule in der Migrationsgesellschaft. WĂ€hrend Karakaşoğlu, Gruhn und Wojciechowicz einen umfassenden Überblick ĂŒber Maßnahmen der Interkulturellen Öffnung bieten und sĂ€mtliche Ebenen von Schulentwicklung in den Blick nehmen, stehen fĂŒr Holzbrecher vor allem LehrerprofessionalitĂ€t und Unterricht im Mittelpunkt. Das Buch von Hartung, Nöllenburg und Deveci ist besonders geeignet, um Beispiele guter Praxis zu prĂ€sentieren.
Katrin Huxel (MĂŒnster)
Zur Zitierweise der Rezension:
Katrin Huxel: Rezension von: Holzbrecher, Alfred (Hg.): Interkulturelle Schule, Eine Entwicklungsaufgabe. Schwalbach a. T.: Debus PĂ€dagogik Verlag 2013. In: EWR 13 (2014), Nr. 3 (Veröffentlicht am 04.06.2014), URL: http://www.klinkhardt.de/ewr/978395414013.html