EWR 1 (2002), Nr. 5 (Oktober - Dezember 2002)

Sammelrezension der Reihe BELTZ STUDIUM, herausgegeben von Klaus Hurrelmann und Jürgen Oelkers

  • Wolfgang Barthel: Prüfungen - kein Problem. (135 S.; ISBN: 3-407-25232-3; EUR 13.-)
  • Klaus Hurrelmann: Einführung in die Sozialisationstheorie. (328 S.; ISBN: 3-407-25271-4; EUR 16,90.-)
  • Hanna Kiper: Einführung in die Schulpädagogik. (176 S.; ISBN: 3-407-25240-4; EUR 13.-)
  • Jürgen Oelkers: Einführung in die Theorie der Erziehung. (294 S.; ISBN: 3-407-25236-6; EUR 13.-)
  • Bernhard Rosemann/Sven Bielski: Einführung in die Pädagogische Psychologie. (207 S.; ISBN: 3-407-25238-2; EUR 13.-)
  • Klaus Ulich: Einführung in die Sozialpsychologie der Schule. (187 S.; ISBN: 3-407-25237-4; EUR 13.-)
  • Ralf Vollbrecht: Einführung in die Medienpädagogik. (239 S.; ISBN: 3-407-25234-X; EUR 13.-)
  • Christoph Wulf: Einführung in die Anthropologie der Erziehung. (229 S.;ISBN: 3-407-25240-4; EUR 13.-)

alle: Weinheim/Basel: Beltz 2001

In der nachfolgenden Sammelrezension geht es primär um die Frage, welche Bedeutung die einzelnen Bücher für einen Studierenden der Pädagogik bzw. der Erziehungswissenschaft haben könnten. Die große Differenziertheit des Faches Pädagogik ermöglicht einerseits eine breite Auseinandersetzung mit den verschiedensten Fragestellungen pädagogischer Praxis, andererseits geht aber für den noch auszubildenden Pädagogen immer mehr die Übersicht verloren. Ein Grund hierfür liegt vielleicht auch in der Tatsache begründet, dass es die Pädagogik nicht schafft, eine überschaubare Systematik zu vermitteln. Insbesondere fehlt es geradezu an systematischen Standardwerken pädagogischer Lehre. Für einen Pädagogik-Studenten sind die Grenzen zwischen einem pädagogischen Lehrbuch und einem Buch, in dem pädagogische Forschungsergebnisse beschrieben und präsentiert werden, nicht eindeutig genug nachvollziehbar. Dies gilt insbesondere für die Bücher, die sich im Feld der sogenannten Bindestrich-Pädagogiken positionieren (z.B. Medien-Pädagogik), denn sie machen das Chaos der Unübersichtlichkeit perfekt. Beim Lesen stellt man sich laufend die Frage, was haben die Ausführungen mit dem Fach Pädagogik zu tun, oder welche Disziplinen werden in den jeweiligen Ausführungen in ihrer Originalität präsent.

Ein typisches Beispiel hierfür liefert Ralf Vollbrecht mit seiner "Einführung in die Medienpädagogik". Dem Leser wird vom Titel her suggeriert, dass er befähigt werden soll, Medienprobleme pädagogisch lösen bzw. medienpädagogisch denken zu können. Darüberhinaus soll in medienwissenschaftliche Theorien eingeführt werden. Nicht alleine die Deklaration der Worte "Bildung" oder "Pädagogik" führt zu einer begrifflichen Auseinandersetzung mit dem Gegenstand Bildung, sondern es muss zunächst eine klare Vorstellung davon bestehen, was man unter Bildung bzw. Pädagogik verstehen will, ehe man diese Begrifflichkeit mit anderen Gegenständen (Medien) bzw. Handlungsfeldern (Medienkommunikation) menschlicher Praxis in Verbindung bringt.

Der Anspruch, der dem Buch zugrunde liegt, kann didaktisch nicht eingelöst werden. Interessant ist das Buch für den Leser jedoch insofern, weil es einsichtig vermittelt, wie sich die sogenannte Medienpädagogik exponiert darstellt. Da sich die Medienpädagogik am Markt etabliert hat, bietet das Buch, als eine Einführung in die Medienpädagogik, für Studierende einen guten Überblick über eine nicht systematische Disziplin. Man muss sich nun mal mit ihr auseinandersetzen, weil es sie gibt und weil sie in vielen Prüfungsbereichen relevant ist. Das Buch ist für Studierende fortgeschrittenen Semesters empfehlenswert, für Anfangssemester aber weniger geeignet. Studierende im Hauptstudium könnten befähigt werden, an einer prüfungsrelevanten Gegenwartsdiskussion in der Medienpädagogik teilnehmen zu können. Wenn man speziell Medienpädagogik studieren muss oder studieren will, dann ist dieses Buch von Vollbrecht bedeutsam. Der Leser muss jedoch davon ausgehen, ein breites soziologisches, kommunikationstheoretisches, psychologisches und medientechnisches Wissen als Voraussetzung mitbringen zu müssen. Das Buch ist weniger ein Lehrbuch als ein medienpädagogisches Diskussionsforum.

Das Buch "Prüfungen - kein Problem", von Wolfgang Barthel, weist in einfacher und anschaulicher Form auf Prüfungsprobleme und deren Bewältigungsmöglichkeiten hin. Für Prüfungskandidaten, die von sich selbst den Eindruck haben, sie hätten Prüfungsprobleme, stellt die Lektüre eine mögliche Hilfestellung dar. Prüflinge, die sich noch nicht in Problemlagen befinden, sollten vielleicht von der Lektüre dieses Buches Abstand nehmen, da bei ihnen Probleme entstehen könnten, die in Wirklichkeit noch nicht vorhanden sind. Wünschenswert wäre vielleicht eine Ergänzung des Buches dahingehend, dass man Prüfungen vorwiegend nicht nur unter dem Aspekt möglicher Verhaltenstechniken sieht oder Prüfungen psychologisiert, sondern Prüfungen auch aus einer pädagogischen und didaktischen Sichtweise darstellt.

Sehr gelungen ist die "Einführung in die Schulpädagogik" von Hanna Kiper. Die Verfasserin spricht zwar von einer komprimierten Einführung in die Schulpädagogik, was aber nicht bedeutet, dass der Leser mit den Ausführungen überfordert wird. Die Verfasserin stellt eine grobe Systematik von Schulpädagogik anschaulich und gut nachvollziehbar dar. Dem lernenden Leser wird durch eine gute didaktische Aufbereitung und exemplarische Quellenpräsentation die Chance geboten, sich vertieft mit schulpädagogischen Inhalten und schulpädagogischen Sonderfragen (z.B. Frauen und Geschlechterforschung in der Schulpädagogik) auseinandersetzen zu können.

Die einzelnen Kapitel des Buches "Einführung in die Schulpädagogik",

  1. Grundformen professionellen Handelns von Lehrerinnen und Lehrern (12-35);
  2. Theorie der Schule (36-56);
  3. Wege zur Erneuerung und Reform von Schulen (57-73);
  4. Das Bildungssystem in der Bundesrepublik Deutschland (74-115);
  5. Einführung in die Allgemeine Didaktik (116-132);
  6. Methoden des Lehrens und Lernens (133-156);
  7. Frauen und Geschlechterforschung in der Schulpädagogik (157-163)

ließen sich für ein Studium der Schulpädagogik als eigenständige Module verwenden, da sie teilweise in sich abgeschlossen wirken. Das Buch von Hanna Kiper würde ich den Studierenden bereits zu Beginn des Studiums als Pflichtlektüre empfehlen.

Die Einführung in die "Sozialpsychologie der Schule" von Klaus Ulich führt den Studierenden in aktuelle Probleme des Schulalltags ein. Es ist eine geeignete Basisliteratur zum Studium des schulischen Handlungsfeldes. Das Buch ist besonders den Studierenden der Schulpädagogik zu empfehlen. Die Literatur eignet sich sowohl für das universitäre Pädagogik-Studium als auch für die praxisbezogene zweite Ausbildungsphase in den Lehrämtern.

Der Band von Jürgen Oelkers, "Einführung in die Theorie der Erziehung", führt die Studierenden in besonders überzeugender Weise zu der Fähigkeit, dass sie sich neben der Bildung mit einem weiteren wesentlichen Gegenstand der Pädagogik, der Erziehung, auseinandersetzen können. J. Oelkers zeigt nicht nur exemplarisch die Möglichkeit auf, wie man erziehungstheoretisch denken und verstehen kann, sondern dem Leser wird auch die Einsicht vermittelt, dass eine Theorie der Erziehung Praxisprobleme lösen und praktische Erziehung gestalten kann. Ein pädagogisches Studium ohne eine solche Einführung in die Theorie der Erziehung würde zwangsläufig zu einem Defizit pädagogischer Kompetenz führen. Das Buch sollte als Pflichtlektüre für jeden Studierenden des Faches Pädagogik bzw. Erziehungswissenschaft gelten und ist als Lehrbuch sehr zu empfehlen.

Die Pädagogik bzw. die Erziehungswissenschaft ist in ihrer Originalität und Zuständigkeit für Fragen der Bildung und Erziehung in intervenierende Netzwerke anderer Disziplinen eingebunden. Zu diesen wesentlichen Bezugswissenschaften gehört neben der Psychologie auch die Soziologie. Erziehung und Bildung haben ihre Legitimation nicht nur aus einem kulturhistorischen Selbstverständnis, sondern immer dringender aus praktischen Erwägungen gegenwärtiger gesellschaftlicher Bedingungen. Aktuelle Lagen des Zusammenlebens, mit allen Problemen kultureller, zivilisatorischer und religiöser Bestimmung, binden die Pädagogik immer stärker an die Soziologie, insbesondere an die Sozialisationstheorie. Bildung und Erziehung ist unmittelbar verknüpft mit den Erkenntnissen, die die Sozialisationsforschung bereitstellt.

Die "Einführung in die Sozialisationstheorie" von Klaus Hurrelmann ist für das Pädagogikstudium nicht nur ein bedeutender Klassiker, sondern für jeden Studierenden der Pädagogik von existenzieller Bedeutung. Die Kenntnisse und das Denken, dass dieses Buch vermittelt, führen zu wesentlichen pädagogischen Qualifikationen. Der vorliegende Band ist sehr systematisch aufgebaut und könnte als eine Art Lehrbuch für das Pädagogikstudium angesehen werden, da jedes pädagogische Denken, ob es sich um Erziehung oder Bildung handelt, eng verknüpft ist mit spezifischen sozialisationstheoretischen Erkenntnissen.

Auch hier könnten die einzelnen Kapitel des Buches:

  1. Psychologische und soziologische Theorien der Sozialisation;
  2. Sozialisation als produktive Verarbeitung der äußeren und der inneren Realität;
  3. Gesellschaftliche und familiale Kontexte der Persönlichkeitsbildung;
  4. Gelingende und mißlingende Sozialisation und
  5. Schwerpunkte der angewandten Sozialisationsforschung

als eigenständige Module in einem pädagogischen Studiengang angeboten werden. Mit einer Einführung in die Sozialisationstheorie sollte im Studium frühzeitig begonnen werden. Pädagogisches Denken und Handeln implizieren notwendigerweise sozialisationstheoretische Kenntnisse. Fehlendes Wissen bei Studierenden über die Inhalte der "Einführung in die Sozialisationstheorie" von Klaus Hurrelmann führt zwangsläufig zu eingeschränkter pädagogischer Kompetenz. Das vorliegende Buch ist für Pädagogen ein Klassiker und unbedingt empfehlenswert.

Die "Einführung in die Pädagogische Psychologie" von Bernhard Rosemann und Sven Bielski ist - ähnlich wie das Buch von Klaus Hurrelmann - ein Grundlagenlehrbuch für das Studium der Pädagogik . Mit diesem Buch leistet die Pädagogische Psychologie einen wesentlichen Beitrag für ein pädagogisches Verständnis von Bildung und Erziehung. Die Bedeutsamkeit der Pädagogischen Psychologie wäre für angehende, noch nicht so informierte Studierende der Pädagogik einsichtiger, würde sie sich als Psychologie für Pädagogen präsentieren. Im Kern sehen es die Verfasser richtig, in dem sie darauf verweisen, dass es sich bei der Einführung in die Pädagogische Psychologie um eine Teildisziplin der Psychologie handelt, die sich auf die Praxis von Erziehung und Bildung ausrichtet. Die sehr systematische Darstellung der Bereiche 1) Lernen, 2) Entwicklung, 3) Motivation, 4) Wahrnehmung und Verhalten und 5) Interaktion sind untrennbar mit einem pädagogischen Verständnis von Bildung und Erziehung verknüpft.

Rosemann/Bielski haben von ihrer psychologischen Position aus eine notwendige Trennschärfe zur Pädagogik eingehalten. Sie stellen der Pädagogik notwendige, psychologische Erkenntnisse in einer Form von Modulen bereit, die sich für den Lernenden übersichtlich anbieten. Ohne die Dimensionen der pädagogischen Psychologie ist pädagogisches Denken eingeschränkt und pädagogisches Handeln zwangsläufig defizitär. Sowohl die Module aus der Einführung in die Pädagogische Psychologie als auch die Module aus der Einführung in die Sozialisationstheorie, lassen sich als Elemente einer Bezugs- bzw. Grundlagenwissenschaft ( Psychologie, Soziologie) für die Pädagogik verwenden. Für ein Studium der Pädagogik sollte die vorliegende "Einführung in die Pädagogische Psychologie" von Rosemann/Bielski verpflichtend sein. Das Buch ist auch deshalb geeignet, weil es den Leser als einen auszubildenden Pädagogen und nicht als einen Mini-Psychologen ansieht.

"Die Einführung in die Anthropologie der Erziehung" von Christoph Wulf präsentiert einen Ausschnitt aus der Pädagogischen Anthropologie. Es geht hierbei um einen darstellenden Überblick der historisch-pädagogischen Anthropologie. Das Buch sollte nicht als ein grundlegendes Werk der Pädagogischen Anthropologie verstanden werden. Der Autor präsentiert keine umfassende Systematik einer Anthropologie der Erziehung und der Band weist auch keine Lehrbuchsystematik auf. Dennoch bietet er sich für Studierende der Pädagogik als ergänzende Literatur an; insbesondere wenn es um die Position der historisch-pädagogischen Anthropologie geht. Der Autor vermittelt didaktisch gekonnt, wie man den Menschen aus seinem kulturalen und historischen Kontext verstehen könnte. Es ist eine wichtige, aber eine eingeengte anthropologische Sichtweise von Erziehung. Die "Einführung in die Anthropologie der Erziehung" von Christoph Wulf verspricht mehr als der Inhalt wirklich bietet. Dies ist keine Aussage über die wissenschaftliche Qualität, die sich in den Ausführungen widerspiegelt; die jedoch unter dem Aspekt, was für einen Studierenden der Pädagogik bzw. Erziehungswissenschaft nützlich wäre, an Bedeutung verliert.

Die Studierenden können sich durch die angebotene Literatur wie folgt qualifizieren:

  1. In die Grundlagen pädagogischen Denkens einarbeiten (vgl. hierzu)
    • Einführung in die Theorie der Erziehung
    • Einführung in die Schulpädagogik
    • Einführung in die Sozialisationstheorie
    • Einführung in die Sozialpsychologie der Schule
    • Einführung in die Pädagogische Psychologie
  2. Mit speziellen pädagogischen Sichtweisen auseinandersetzen (vgl. hierzu)
    • Einführung in die Anthropologie der Erziehung
    • Einführung in die Medienpädagogik
  3. Mit allgemeinen Alltagsproblemen des Studiums auseinandersetzen (vgl. hierzu)
    • Prüfungen kein Problem

Die Reihe "Pädagogik studieren", die von Klaus Hurrelmann und Jürgen Oelkers herausgegeben wird und im Belz-Verlag erscheint, ist für ein Studium der Pädagogik insgesamt zu empfehlen.
Hans-Werner Jendrowiak (Eichstätt)
Zur Zitierweise der Rezension:
Hans-Werner Jendrowiak: Sammelrezension der Reihe BELTZ STUDIUM, herausgegeben von Klaus Hurrelmann und Jürgen Oelkers. Weinheim, Basel 2001. In: EWR 1 (2002), Nr. 5 (Veröffentlicht am 01.12.2002), URL: http://www.klinkhardt.de/ewr/ueberblick2003-3.html