Digitale Medien sind spätestens seit der Corona-Pandemie ein wichtiger Teil von schulischen Lehr-Lernarrangements, so dass Fragen nach der adäquaten Integration von digitalen Medien in Schule und Unterricht virulenter sind denn je. Mediendidaktische Kompetenzen werden damit insbesondere für (angehende) Lehrer*innen immer notwendiger, gleichzeitig ist das Handlungsfeld „Mediendidaktik“ ein breites. An diese Herausforderungen schulischer (Medien )Bildung knüpft der vorliegende Band an. Die „Einführung in die Mediendidaktik“ wurde 2021 in einer zweiten Auflage veröffentlicht. Im Vergleich zur ersten Auflage aus dem Jahr 2014 ist sie in ihren Zielen und im Aufbau weitestgehend gleichgeblieben, jedoch gibt es kleinere Veränderungen sowohl in der (gelungenen) Neu-Anordnung einzelner Unterkapitel als auch darin, dass einige Themen neu hinzugekommen und andere weggefallen sind. So findet sich beispielsweise das Thema Green IT nicht mehr so prominent, stattdessen findet sich ein neues, kurzes Kapitel über Learning Analytics als eine wichtige aktuelle Entwicklung im Bereich Mediendidaktik, die sicherlich unter der Perspektive von Datafizierung von Schule erst in den Kinderschuhen steckt [1].
Die Einführung verfolgt nach Aussage des Autors Dominik Petko den Anspruch, eine „praxisorientierte(n) Einführung in die Möglichkeiten und Herausforderungen digitaler Medien in Schulen [zu] geben und damit auch zum Nachdenken über die Rolle von Lehrpersonen in der Informationsgesellschaft an[zu]regen“ (10). Dabei sollen Lehrpersonen vor allem „Ideen bekommen, wie sie geeignete Medien für ihren Unterricht auswählen und einsetzen können“ (ebd.). Dieses Ziel und der damit verbundene Anspruch spiegeln sich sowohl in der Anlage als auch im Aufbau des Buches.
Nach einer kurzen Einleitung, in der vor allem auf die besondere Rolle von Schule in der aktuellen Gesellschaft Bezug genommen und die Frage aufgeworfen wird, welche Bedeutung digitale Medien aktuell in der Schule spielen, folgt Kapitel 2 mit dem Titel „Grundbegriffe“. Hier beschäftigt sich Dominik Petko, wie schon in der ersten Auflage des Buches, souverän zwischen notwendiger Tiefe und angemessener Kürze mit dem Medienbegriff ebenso wie mit der Frage nach den immer wieder im Diskurs auftauchenden sog. „neuen“ Medien. Im Unterschied zur Erstauflage erörtert er folgerichtig an weiterer Stelle in diesem Kapitel aber auch die disziplinäre Auseinandersetzung mit Mediendidaktik als Teil von Schulpädagogik und als Teil von Medienpädagogik, so dass den Lesenden deutlich wird, dass Fragen der Mediendidaktik sowohl an schul- wie auch medienpädagogische Diskurslinien anknüpfen.
Einer Einführung in die Gestaltung von Lehr-Lernarrangements mit und durch digitale Medien gerecht werdend, widmet sich dann Kapitel 3 konsequenterweise den lerntheoretischen Grundlagen. Nach der Klärung, wie Lernen als (lehr-lernpsychologischer) Prozess zu verstehen ist, führt Dominik Petko stringent und in einer gerade für Studierende angemessenen Tiefe durch die verschiedenen lerntheoretischen Ansätze (Behaviorismus, Kognitivismus, Konstruktivismus sowie Sozialkonstruktivismus). Es folgt darüber hinaus die Aufnahme neuerer Diskurse innerhalb der lernpsychologischen Grundlagen, wie emotions- und motivationspsychologische sowie neurowissenschaftliche Ansätze, die in ihrem Bezug zur Mediendidaktik verortet werden. Im Anschluss daran geht der Autor unter der Frage „Lernen Menschen besser mit digitalen Medien?“ den oft unterstellten ‚Wirkungen‘ bzw. Wirkannahmen digitaler Medien in Lehr-Lernprozessen nach. Hier werden differenzielle Wirksamkeitsfragen nachgezeichnet (z. B. die bekannte Kozma Clark Debatte), aber auch die Effekte aus Metaanalysen sowie Schulleistungsstudien vorgestellt und kritisch eingeordnet.
Leicht verändert gegenüber der ersten Auflage stellt sich auch das Kapitel 4 mit dem Thema der mediendidaktischen Grundlagen dar. Hier ordnet Dominik Petko den Einsatz digitaler Medien vor allem nach mediendidaktischen Handlungsfeldern. Ausgehend von Handlungsfeldern wie Darstellen und Veranschaulichen, Experimentieren und Üben, Produzieren und Programmieren, Kommunizieren und Kooperieren, Organisieren und Dokumentieren sowie Prüfen und Beurteilen stellt er unterschiedliche Formen des Medieneinsatzes dar. Damit eignet sich das Buch bis dahin in seinen Ausführungen auch, wie von ihm intendiert, für „Bildungsverantwortliche in Unternehmen oder Hochschulen“ (10).
Die sich anschließenden Kapitel 5 und 6 widmen sich dann tiefer spezifischen Fragen von digitalen Medien in der Bildungsinstitution Schule: So behandelt Kapitel 5 das Thema Medien im Unterricht zum einen hinsichtlich allgemeiner mediendidaktischer Vorüberlegungen entlang der ‚klassischen‘ Fragen von Lehr-Lernzielen, Lernvoraussetzungen und der Planung. Zum anderen zeigt Dominik Petko im zweiten Teil des Kapitels dann aber ganz konkrete Potenziale digitaler Medien für einzelne Unterrichtsfächer (z. B. erstsprachlicher Unterricht, Fremdsprachen- oder Mathematikunterricht) auf. Dabei gelingt es ihm sehr gut, Potenziale digitaler Medien in allen Fächergruppen aufzuführen, so dass schnell klar wird, dass es eigentlich kein Fach mehr gibt, in dem digitale Medien keine Rolle spielen (können); selbst im Sport- oder Kunstunterricht werden Beispiele für den Einsatz digitaler Medien angeführt. Nicht zuletzt widmet Dominik Petko dem wichtigen Thema der Förderung von Medienkompetenz ein ganzes Unterkapitel.
Doch digitale Medien in der Schule sind nicht nur von mediendidaktischen Entscheidungen abhängig, sondern auch von den Rahmenbedingungen. Demnach sind diesen das gesamte Kapitel 6 gewidmet. Neben Fragen der Integration von digitalen Medien als Thema des Schulsystems wird auch die Lehrpersonenbildung ebenso wie die Rolle von Schulleitungen oder Infrastruktur und damit verbundene Aufgaben von Schule adressiert. Das Kapitel weist zusammenfassend auf die Notwendigkeit von Medienkompetenzen von Lehrpersonen ebenso wie von Schüler*innen hin und endet unter der Teilüberschrift „Die Zukunft beginnt heute.“ (173) mit dem wichtigen Ausblick mediendidaktischer Entwicklungen: „Während heute oft noch die technologischen Entwicklungen die prägenden Impulse liefern, muss es in Zukunft gelingen, dass verstärkt mediendidaktische und medienbildungsbezogene Überlegungen ins Zentrum der Unterrichts- und Schulentwicklung rücken“ (ebd.).
Das Einführungswerk ist zu Recht darauf angelegt, dass es eher Handlungsfelder denn digitale Medien und deren Formate in den Fokus rückt. Offen bleibt allerdings ein wenig, warum genau diese Handlungsfelder (Darstellen und Veranschaulichen, Experimentieren und Üben, Produzieren und Programmieren, Kommunizieren und Kooperieren, Organisieren und Dokumentieren sowie Prüfen und Beurteilen) ausgewählt wurden. Neben einer praktischen Relevanz decken sich diese zwar in weiten Teilen mit der für die Lehrer*innenbildung in Deutschland relevanten Strategie „Bildung in der digitalen Welt“ der KMK [2], jedoch fallen im Vergleich damit einige Aspekte weniger stark aus, so z. B. die in der KMK Strategie genannten Bereich wie Suchen, Verarbeiten und Aufbewahren, aber auch Schützen und sicher Agieren“ oder „Analysieren und Reflektieren“. Nun könnte man argumentieren, dass vor allem die zwei letztgenannten Bereiche eher in das Feld der Medienerziehung fallen, jedoch berühren sie auch mediendidaktische Fragen, insbesondere wenn es darum geht, digitale Medien auch hinsichtlich der Aspekte von Datenschutz zu beurteilen oder mittels Medien die Analyse und Reflexion zu fördern, was Dominik Petko ja auch mehrfach mit Hinweis auf die Förderung von Medienkompetenzen der Lernenden im Buch zum Thema macht. Daher wäre es ggf. noch interessant gewesen, auch das Handlungsfeld „Reflexion“ sowie den sicheren Einsatz von digitalen Medien mit aufzunehmen, denn eine kritischere Perspektive auf den Einsatz digitaler Medien auch hinsichtlich der Veränderungen von Schule (Stichwort critical edtech) fehlt dem Buch aktuell noch ein wenig, ist aber in Zeiten zunehmender plattformbasierter Bildung notwendiger denn je. So thematisiert der Autor beispielsweise Schulmanagement- und Schülerinformationssysteme (vgl. 106), nimmt dabei aber eine eher positive Sichtweise darauf ein, ohne auf die dahinterliegenden auch ethischen Perspektiven einzugehen (z. B. die zunehmende Datafizierung und Vermessung des Unterrichts). Daher wären es wünschenswert gewesen, mehr Aussagen und Hinweise in die Richtung zu finden, „dass nicht jedes digitale Medium für Lernen und Unterricht geeignet ist. Es gibt sehr viele gut gemeinte, aber auch schlecht gemachte Lernmedien“ (111).
Aber insgesamt, und das gilt es hervorzuheben, gelingt es Dominik Petko ausgezeichnet, das Buch auch in der zweiten Auflage sowohl praxis- als auch empirie- und theoriebasiert anzulegen und damit insbesondere Studierenden bzw. Einsteiger*innen im Feld Mediendidaktik eine fundierte Orientierung über ein komplexes Feld zu geben. Der didaktische Aufbau des Buches und die vielen gut geschriebenen Zusammenfassungen erleichtern es gerade Studierenden und/oder Noviz*innen, den Überblick über ein vielschichtiges Feld zu behalten. Ebenso ist es als Nachschlagewerk für einzelne Themenbereiche nicht minder interessant. Darüber hinaus lernt der bzw. die Leser*in nicht nur einzelne Medienformen und deren didaktischen Einsatz kennen, sondern auch internationale empirische Forschungsergebnisse dazu bis hin zu Limitationen von Metastudien zur Wirksamkeit digitaler Medien im Lehr-Lernprozess. Die oben angesprochene Neujustierung einzelner Kapitel führt gegenüber der Erstauflage dazu, dass diese nun in sich viel stringenter sind und damit das Buch – gerade auch für Studierende – noch besser lesbar machen. Damit kann die vorliegende Einführung mittlerweile für Studierende des bildungswissenschaftlichen Teils des Lehramtsstudiums als ein Standardwerk zur Mediendidaktik gelten, welches in einer angemessenen Tiefe eine Mischung aus wissenschaftlichen und praktischen Erkenntnissen bietet, um darauf aufbauend digitale Medien im Unterricht nicht nur adäquat einzusetzen, sondern auch kritisch zu reflektieren.
[1] Schiefner-Rohs, Mandy, Hofhues, Sandra und Breiter, Andreas (2021). Editorial: Datengetriebene Schule. MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung 44 (Data Driven Schools):i-xii, URL: https://doi.org/10.21240/mpaed/44/2021.10.25.X. (abgerufen zuletzt 17.01.22).
[2] KMK: Strategie der Kultusministerkonferenz „Bildung in der digitalen Welt“. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 08.12.2016 in der Fassung vom 07.12.2017, https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/PresseUndAktuelles/2018/Digitalstrategie_2017_mit_Weiterbildung.pdf
EWR 21 (2022), Nr. 1 (Januar)
Einführung in die Mediendidaktik
Lehren und Lernen mit digitalen Medien
2. Auflage
2. Auflage
Weinheim: Beltz 2021
(212 S.; ISBN 978-3-407-25810-6; 26,95 EUR)
Mandy Schiefner-Rohs (Kaiserslautern)
Zur Zitierweise der Rezension:
Mandy Schiefner-Rohs: Rezension von: Petko, Dominik: Einführung in die Mediendidaktik, Lehren und Lernen mit digitalen Medien 2. Auflage. Weinheim: Beltz 2021. In: EWR 21 (2022), Nr. 1 (Veröffentlicht am 19.01.2022), URL: http://www.klinkhardt.de/ewr/978340725810.html
Mandy Schiefner-Rohs: Rezension von: Petko, Dominik: Einführung in die Mediendidaktik, Lehren und Lernen mit digitalen Medien 2. Auflage. Weinheim: Beltz 2021. In: EWR 21 (2022), Nr. 1 (Veröffentlicht am 19.01.2022), URL: http://www.klinkhardt.de/ewr/978340725810.html